Frankfurt/Peking. Zwei Dinge lassen die Fans von Zhang Jike im Moment hoffen: Das Video, das Anfang April in Europa auftauchte, in dem Chinas Grand-Slam-Sieger im Kraftraum mit Nationalteamkollegen im Schlusssprung auf einen Kasten hüpft, der ihm bis knapp unter die Schulter reicht, sowie die Meldung für gleich drei World-Tour-Turniere hintereinander: die Hongkong, China und Japan Open von Ende Mai bis Anfang Juni. Startet der Weltmeister, Olympia- und World-Cup-Sieger doch noch einmal ernsthaft einen Comeback-Versuch?
Kurz nach den Olympischen Spielen in Rio 2016, die er mit Gold mit der Mannschaft und Silber im Einzel beendet hatte, nahm er das Wort "Karriereende" erstmals öffentlich in den Mund. Im Rahmen eines Fan-Chats war das. Kein Wunder: Sportlich hatte er alles erreicht und hat finanziell längst ausgesorgt. 2016 war er mit rund neun Millionen US-Dollar aus Preisgeldern und Sponsoreneinnahmen der zweitmeist verdienende chinesische Sportler (hinter Freistil-Olympiasieger und -Weltmeister Sun Yan) und hatte 8,5 Millionen Follower beim chinesischen Twitter-Pendant Weibo. Außerdem plagten ihn seit 2015 immer wieder neue Spielarten einer alten Hüftverletzung.
Ziel: Tokio 2020?
"Bei Zhang Jike ist es vor allem eine Sache der inneren Einstellung", hatte der damalige General-Cheftrainer der Chinesen, Liu Guoliang, gesagt. "Wenn er für den Sport immer noch Leidenschaft verspürt, wird er weitermachen. Hat er Tischtennis satt und ist der Arbeit müde, dann ist wohl Schluss."
Kurz darauf gab es wieder Trainingsbilder im Kreise der Nationalmannschaft in den sozialen Medien Chinas sowie das Statement, bis zu den Olympischen Spielen in Tokio 2020 weitermachen zu wollen. Seine Turnierteilnahmen 2017 waren im Anschluss allerdings übersichtlich. Bislang letzter internationaler Auftritt: die German Open im November 2017 in Magdeburg. Dort unterlag er etwas uninspiriert agierend Portugals Tiago Apolonia in der Runde der besten 32. Die Super-League-Saison in China ließ er nach Streitigkeiten mit seinem Verein aus.
Promi-Leben: Galas, TV-Shows, Filmstar-Freundin
Statt in der Trainingshalle, so könnte man meinen, war er regelmäßiger Gast in diversen chinesischen Fernseh-Shows und bei Galas, nahm statt an Tischtennis-, medienwirksam an E-Sports-Events teil. Ende März gab Zhang Jike - minutiös aufeinander abgestimmt - seine Beziehung zum chinesischen Filmstar Jing Tian bekannt. Beide posteten zeitgleich ihre Initialen mit Emoji-Herz sowie ein romantisches Strandspaziergangsfoto bei Weibo. Ein neues Promi-Paar für China!
Dafür fehlte die ehemalige Nummer eins der Welt in diesem Jahr beim World Cup in London ebenso wie bei der Team-WM in Halmstad. Der Dominanz der Mannschaft aus dem Reich der Mitte tat das keinen Abbruch. Im Mai ist der inzwischen 30-jährige Tischtennis-Charismatiker auf Platz 168 der Weltrangliste abgerutscht. Ähnlich weit hinten war er davor zuletzt im Jahr 2005 platziert.
In 2018 spricht bisher nicht viel für sein Comeback. Nun aber die Meldung für die Asien-Reihe der World Tour. Das weckt die Hoffnung bei Zhang Jikes Fans: "Seine neue Freundin treibt ihn an, seine Karriere fortzusetzen", wird in den Foren gemutmaßt.
Insider: "Für Tokio 2020 hat er keine Chance"
Ein Kenner der chinesischen Szene betrachtet es nüchtern: "Neben Erfolg bei Turnieren hängt in China viel von der Trainingsleistung ab", erklärt er. "Zhang Jike trainiert regelmäßig, aber zu wenig für einen vorderen Platz im chinesischen Nationalteam. Die übrigen Nationalteammitglieder sind außerdem inzwischen zu stark. Für Tokio 2020 hat er meiner Meinung nach keine Chance." Der Insider bewertet die geplanten Teilnahmen in Hongkong, Shenzhen und Kitakyushu eher als PR-Maßnahme: "Für die Fernsehzeiten in Asien ist es gut, dass er mal wieder spielt. Und sein Medienteam kann wieder etwas Neues, etwas Positives posten."
Zu den Teilnehmerlisten der World-Tour-Turniere auf der ITTF-Website
Hang Seng Hong Kong Open, Hongkong: 24. bis 27. Mai, Qualifikation am 22. und 23. Mai
Deutsche Teilnehmer/innen
Han Ying, Chantal Mantz, Nina Mittelham, Petrissa Solja
Benedikt Duda, Ruwen Filus, Patrick Franziska, Qiu Dang, Bastian Steger, Ricardo Walther
China Open, Shenzhen: 31. Mai bis 3. Juni, Qualifikation am 29. und 30. Mai
Deutsche Teilnehmer/innen
Han Ying, Chantal Mantz, Nina Mittelham, Petrissa Solja
Timo Boll, Benedikt Duda, Ruwen Filus, Patrick Franziska, Kilian Ort, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger, Qiu Dang, Ricardo Walther
LION Japan Open, Kitakyushu: 8. bis 10. Juni, Qualifikation am 6. und 7. Juni
Deutsche Teilnehmer
Timo Boll, Benedikt Duda, Dimitrij Ovtcharov, Qiu Dang, Ricardo Walther