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Die Trainingsgruppe in Jinan (Foto: Borsos)

BTTV-Lehrgang in China: Zu Besuch im "Weltmeisterzentrum" der Supermacht

Cornel Borsos / FL 26.06.2015

Jinan/Neu-Isenburg. Von den Besten lernen und spannende Einblicke in das Training der Tischtennis-Weltmacht China. Junge Kaderspieler des Bayerischen Tischtennis-Verbandes haben einen Lehrgang in einem chinesischen Leistungszentrum absolviert, wo auch die Weltmeister Zhang Jike und Li Xiaoxia schon trainierten. BTTV-Verbandstrainer Cornel Borsos schildert spannende und detailierte Eindrücke.

Worin liegt das "Erfolgsgeheimnis" der Tischtennis-Supermacht China? Die Nachwuchskadermitglieder des Bayerischen Tischtennis-Verbandes (BTTV), Sophia Deichert, Janine Hanslick, Franziska Schreiner, Laura Tiefenbrunner, Jürgen Haider, Hannes Hörmann, Daniel Rinderer, Felix Wetzel sowie - je eine Woche - die Verbandstrainer Cornel Borsos und Honorartrainerin Yunli Schreiner, hatten in den Pfingstferien im Rahmen eines Trainingsaufenthaltes im zentralen Leistungszentrum der Provinz Shandong die Gelegenheit, einen persönlichen Einblick in das Training der weltweit führenden Tischtennis-Nation zu bekommen. Cornel Boros hat seine Eindrücke und Erkenntnisse zusammengefasst.

Bericht von Cornel Borsos über den BTTV-Lehrgang in Jinan, CHN

Vom 26. Mai bis 9. Juni trainierten vier bayerische Spitzenspielerinnen im Alter von 13 bis 15 Jahren sowie vier bayerische Spitzenspieler im Alter von 12 bis 14 Jahren im Leistungszentrum von Jinan, einem der besten Trainingsorte Chinas. Geleitet wird das Zentrum von der ehemaligen Doppel-Weltmeisterin Qiao Yunping. Zur Trainingsgruppe gehören Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 18 Jahren sowie wechselweise zahlreiche Trainingspartner. In der Halle stehen drei Reihen mit je acht Tischen sowie eine Reihe mit sechs Tischen. Die nach Alter gestaffelten Gruppen trainieren jeweils in einer Reihe. Neben der kürzeren Reihe befindet sich eine Ecke mit Kraftgeräten, Laufbändern sowie Zubehör (Bälle, Hanteln etc.). Prominenteste “Ehemalige“ aus dem Leistungszentrum Jinan sind Weltmeister und Olympiasieger Zhang Jike sowie Weltmeisterin und Olympiasiegerin Li Xiaoxia.


Zielsetzung des Lehrgangs war es, den bayerischen Kindern einen persönlichen Einblick in das Training der weltweit führenden Tischtennis-Nation zu geben und ihnen dadurch Wissen und zusätzliche Motivation für ihre zukünftige Tischtennis-Karriere zu vermitteln. Außerdem sollte durch die zahlreichen hochwertigen Trainingseinheiten die Spielstärke gesteigert werden.


Schulunterricht am Nachmittag


Schon beim Aufwärmen herrschte große Disziplin (Foto: Borsos)Das Training in Jinan fand werktags jeweils von 8:30 - 11:30 Uhr sowie von 19:15 – 21:30 Uhr statt, wobei vormittags ab 11 Uhr mehrmals Konditionstraining auf dem Programm stand. Nachmittags war kein Training, weil die chinesischen Kinder in dieser Zeit Schulunterricht hatten. Am ersten Wochenende wurde der Samstag für Wettkampftraining genutzt, und zwar vormittags und nachmittags. Der Sonntag war frei. Am zweiten Wochenende durften die Kinder samstags einen ganztägigen Ausflug machen und trainierten am Sonntagvormittag.

Ein echtes Highlight war die Einladung zu einem Spiel der chinesischen Superliga, u.a. traten Lokalmatador Zhang Jike und der amtierende Vizeweltmeister Fang Bo für das heimische Team an.


Herausragende technische Grundausbildung, große Umfänge und Disziplin


Sportlich bleibt die Erkenntnis, dass die Erfolge der chinesischen Tischtennisspielerinnen und –spieler kein Ergebnis außergewöhnlicher Trainingsmethoden sind, sondern das Resultat einer herausragenden technischen Grundausbildung, großer Trainingsumfänge sowie disziplinierter Trainingsarbeit. Sämtliche Übungen waren unseren Spielerinnen und Spielern bekannt. Dass die Belastung dennoch intensiver war als gewohnt, lag daran, dass die chinesischen Partner/innen ein enorm hohes Tempo spielten, sehr wenig Fehler machten und die Übungen konsequent durchspielten, also ohne “Spaßballwechsel“ oder kurze Unterhaltungen, z.B. beim Trinken, zwischendurch. Dazu kam die relativ lange Dauer (bis zu 15 Minuten) der einzelnen Übungen und eine ungewohnte Witterung mit täglich sehr drückenden 30 Grad.


Einfache Übungen, lange Ballwechsel


Blick in die Trainingshalle (Foto: Borsos)Die Leistung der bayerischen Jungen und Mädchen war prima, was unter den genannten Umständen als besonders erfreulich zu bewerten ist. Das Aufwärmtraining dauerte ca. 15 Minuten, davon fünf Minuten Laufübungen und zehn Minuten Gymnastik/Stretching. Eingespielt wurde ebenfalls ca. 15 Minuten, stets in der Reihenfolge VH-Kontern, VH-Topspin gegen VH-Topspin und RH-Kontern. Die Übungen waren einfach und beinhalteten immer lange Ballwechsel, Übungsdauer 10 – 15 Minuten. Beispiele: Kleine Beinarbeit aus VH diagonal; VH-Top aus dreiviertel RH-Seite diagonal gegen Block; RH-Block unregelmäßig ganzer Tisch; Mitte-Ecke unregelmäßig usw. Am Trainingsende folgte immer Aufschlag – freies Spiel.

Sehr anstrengend war das Balleimertraining, bei dem sich überwiegend die Kinder selbst die Bälle zuspielten. Pro Tisch zwei Kinder, Übungen für Beinarbeit, unregelmäßig oder kurz/lang, große Schüsseln (250-300 Bälle) wurden ohne Pause leergespielt, Gesamtdauer ca. eine Stunde. Aufschlagtraining wurde stets separat durchgeführt


Bayerische Jungs beim Wettkampf stark


Die chinesische Schülerinnengruppe passte altersmäßig sehr gut zu unseren Mädchen. Drei Spielerinnen hatten kurze Noppen auf der RH, das vierte Mädchen spielte Penholder mit glattem Belag. Sie waren spielstärker als die bayerischen Mädchen, der Vergleichskampf am ersten Samstag endete 2:14. Janine Hanslick und Franziska Schreiner konnten immerhin je ein Spiel gewinnen.

Die fünf chinesischen Schüler waren 10 bis 13 Jahre alt, Spielsystem zweimal Shakehand (glatte Beläge), zweimal Penholder (glatte Beläge) und einmal Abwehr mit langen Noppen. Die bayerischen Jungs haben beim Wettkampf ganz hervorragend gespielt und 13:7 gewonnen. Einzelbilanzen: Felix Wetzel 4:1, Hannes Hörmann 4:1, Daniel Rinderer 3:2 und Jürgen Haider 2:3.

Meistens wurden die Gruppen bei den Trainingspaarungen so eingehalten. Wenn chinesische Kinder Einzeltraining, oder, was bei den Schülern mehrmals vorkam, separates Gruppentraining erhalten haben, wurden den bayerischen Kindern Trainingspartner aus der älteren Gruppe zugeteilt.


Die Erkenntnisse aus dem Training in der Zusammenfassung:


Ein Sonntag war frei und wurde zu einem gemeinsamen Ausflug genutzt (Foto: Borsos)Die Jungen und Mädchen, die ins zentrale Leistungszentrum der Provinz Shandong aufgenommen werden, haben klar erkennbar bereits zuvor dezentral eine ausgezeichnete Basisausbildung erhalten. Während der Schulzeit finden wöchentlich zwölf Trainingseinheiten zu je 2,25 - 2,5 Stunden zzgl. Konditionstraining statt. In den Ferien erhöht sich die Trainingshäufigkeit. Die Übungen sind einfach, die Übungsdauer relativ lang. Die Trainingsdisziplin ist sehr hoch. Die jüngeren Kinder haben nur wenige Wettkämpfe und somit Zeit, durch viel Training ihre Grundtechnik zu stabilisieren. Es gibt gelegentliche Vergleichskämpfe, z.B. mit anderen Provinzen, aber keinen Ranglistenzyklus, Pokalspiele, Mannschaftsmeisterschaften usw.

In der Addition ergeben diese Faktoren ein Vielfaches an Ballkontakten gegenüber den bayerischen (und vielen anderen) Kindern, und zwar gleichmäßig und technisch sauber ausgeführt. Folgen sind u.a. eine sehr hohe Ballsicherheit und nicht zuletzt auch eine gute körperliche Verfassung.

Abschließend noch die Anmerkung, dass sich unsere chinesischen Gastgeber sehr aufmerksam und außerordentlich freundlich um uns gekümmert haben.

 

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