Duisburg/Neu-Isenburg. WTTV-Präsident Helmut Joosten hat sich mit der Außendarstellung des Tischtennissports beschäftigt und dazu einen Kommentar verfasst. Quintessenz: "Wir sind alle gefordert, jeder, wo und wie auch immer!" Der Beitrag mit dem Titel "Außendarstellung - Was ist das?" ist im WTTV-Regionalteil des Magazins "tischtennis" (Januar-Ausgabe) erschienen.
WTTV-Präsident Helmut Joosten: Außendarstellung – Was ist das?
Leute, die mit empirischen Untersuchungen und deren Gütekriterien zu tun haben, würden von einem Reliabilitäts-Validitäts-Dilemma sprechen. Nein, es folgt kein wissenschaftlicher Beitrag, lesen Sie ruhig weiter! Man könnte das ganz salopp übersetzen: Wer undifferenziert (=doof?) fragt, sollte sich nicht wundern, wenn er hinterher nichts Genaues weiß. So geschehen bei unseren Fragebogenaktionen bei den Regionaltreffen mit Vereinsvertretern und beim Workshop mit Mitarbeitern der Bezirke und Kreise. Bei der Frage, ob man sich eine bessere Außendarstellung des Tischtennissports wünscht, waren die Befragten sich ziemlich einig. Ja, die wünscht man sich! Aber weiß der Betrachter jetzt, was gemeint ist? Das ist das eingangs genannte Dilemma: Die Aussage hat, eben weil man sich einig ist, eine ziemlich große Zuverlässigkeit (Reliabilität), aber sie hat keine Genauigkeit (Validität), weil keiner jetzt weiß, was genau man sich denn besser wünscht. Was also könnte gemeint sein?
Zuallererst vermute ich, dass die mangelnde Präsenz im Fernsehen gemeint ist. Das ist keine Hellseherei, es wurde oft ausdrücklich auf den Fragebögen vermerkt. Und das stimmt ja in der Tat! Natürlich möchten wir da mehr sehen. Wenn man sich aber mit Fernsehleuten darüber unterhält, heißt es sofort: Dann müsst ihr auch dafür sorgen, dass die Leute zuschauen. Das tun sie nämlich, wenn denn mal übertragen wird, nachweislich nicht. Man kann sich ärgern, wie man will, aber Spiele der 4. Liga im Fußball erreichen eine Quote, die selbst bei einem WM-Endspiel im Tischtennis längst nicht erreicht würde. Ich persönlich ärgere mich viel mehr darüber, dass es den Sportführern in Deutschland nicht gelingt, einen Fernsehkanal für den Sport einzurichten, ohne Fußball, Motorsport und Profiboxen. Wird bzw. kann das Internet Abhilfe schaffen?
Ein ähnliches Problem zeigt sich bei Großveranstaltungen. Letztens beim World Cup war drei Tage Weltklasse-Tischtennis garantiert. Das Ambiente in Düsseldorf war toll, junge Leute hatten am Sonntag freien Eintritt, der Tag sollte spielfrei gehalten werden. Das „übersieht“ man gern, und Jugendliche waren ziemlich rar gesät. Denn die Tatsache, dass ein begleitender Erwachsener Eintritt zahlen sollte, war ein Hinderungsgrund, wurde gar als Zumutung empfunden. Man bleibt also weg, wenn unser Sport in einer wirklich tollen Veranstaltung präsentiert wird. Stattdessen bestimmt jemand das Bild, der regelmäßig exakt bei der höchsten Konzentrationsphase beim Aufschlag in die Halle ruft.
Wie halten wir es mit der Darstellung unseres Sports bei den eigenen Meisterschaftsspielen? Halten wir Absperrungen, Zählgeräte u.a. für „Kinkerlitzchen“? Interessiert es uns, ob wir auch nach außen sichtbar als Mannschaft auftreten? Oder halten wir einheitliche Spielkleidung für überflüssige Schikane? Das alles hat aber sehr viel mit der Einstellung zu unserer Sportart zu tun. Bieten wir bei Kreismeisterschaften ein ordentliches Hallenbild? Sehen wir uns gezwungen, am Samstagnachmittag die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga durchzugeben? In Zeiten der Smartphones sollte das aber endgültig der Vergangenheit angehören. Kein Fußballer käme auf die Idee, bei seinem Spiel oder Turnier über Lautsprecher zu verkünden, wenn Timo Boll Weltmeister geworden wäre!
Immer wieder wird die Forderung nach einer Vereinheitlichung der Spielsysteme laut. Letztens hatten wir eine solche Chance. Beim Bundestag gab es einen Antrag, der bei den Damen auf Bundesebene, also bis zur Oberliga, einheitlich das Bundessystem einführen wollte. Eine Befragung bei den Damen ergab eine große Mehrheit für die Beibehaltung des jetzigen Systems. Das ist kein Vorwurf gegen die Damen, sondern deren gutes Recht, dies zu wünschen. So ist es auch gekommen, aber die immer wieder, vor allem in Sonntagsreden, geforderte Einheitlichkeit erreichen wir so nicht. Die 1. Liga der Herren fangen wir wegen deren Selbstständigkeit ohnehin nicht ein. Und selbstverständlich nehmen wir in unteren Klassen bei den Herren gerne die 4er-Mannschaft in Anspruch. Diese wird oft sogar als Allheilmittel gesehen. Es wird nur vergessen, dass das viele Vereine vor unlösbare Probleme bei der Durchführung von Meisterschaftsspielen stellen würde.
Sie bekommen mit diesem Heft (Magazin "tischtennis", Januar-Ausgabe / Anm. d. Red.) die Regionalseiten erstmals in neuem Outfit. Die grauen Seiten gehören der Vergangenheit an. Natürlich kostet das Geld! Aber wenn wir an Außendarstellung denken, dann muss man eben auch hier und da mal etwas investieren. Ich hoffe sehr, dass das auf Wohlgefallen stößt. Wie halten es die Vereine mit ihrer Pressearbeit? Auch hier muss man investieren, aber eher im Sinne von Arbeit. Man muss die Presse beliefern, auch wenn man keine Gewähr für das Erscheinen eines Artikels hat. Es ist ärgerlich, wenn die Mühe im Papierkorb landet, aber ansonsten erscheint garantiert nichts! Führen wir Aktionen durch, die uns bekannt machen? Belohnen wir ansonsten Mühe?
Das Heft zum 75-jährigen Jubiläum des Verbandes 2006 war mit großem Aufwand ehrenamtlich (!) erstellt, ein tolles Werk. Geschenkt hat man’s genommen, fünf Euro für einen Kauf waren zu viel! Nutzen wir die Möglichkeiten, die myTischtennis bietet, als Premium User? Oder nutzen wir vorhandene Zugänge, weil wir zehn Euro im Jahr für eine Zumutung halten? Auch wenn es zuletzt einige Probleme gab, Tischtennis ist außer Golf immer noch die einzige Sportart, die eine solche Plattform bietet.
Wo war die große Mehrheit der Vereinsvertreter bei den Regionaltreffen? Die Teilnahmequote lag bei bescheidenen 17%. Kein Problem der Außerdarstellung? O doch! Derjenige, der vor Ort ein Lokal bucht und zumindest theoretisch von 100 Personen ausgehen kann, aber vorsichtshalber schon maximal 50 Personen nennt, steht bei 20 Besuchern in dem Lokal ziemlich blamiert da. Sehen wir politische Dimensionen? Ein Versuch, TT-Vereine aus zwei TT-Kreisen, die zu einem politischen Kreis gehören, beim zuständigen Kreissportbund zu einem Arbeitsgespräch über Unterstützungsleistungen des KSB an einen Tisch zu holen, scheiterte kläglich. Vier von 21 Vereinen sagten zu, drei ab, die restlichen zwei Drittel (!) meldeten sich erst gar nicht. Das war gegenüber dem KSB, der sich mit der Vorbereitung viel Mühe gegeben hatte, eine echte Blamage!
Es gibt also tatsächlich Verbesserungsbedarf bei der Außendarstellung, aber nicht nur bei „denen vom Fernsehen“. Wir sind alle gefordert, jeder, wo und wie auch immer!
Hinweis: Der Beitrag ist im WTTV-Regionalteil des Magazins "tischtennis" erschienen (Januar-Ausgabe). Weitere Informationen zum Magazin gibt es beim Philippka-Sportverlag.