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Der Ungar Tamas Lakatos will mit Saarbrücken II den Hilpoltsteinern das Leben schwer machen (Foto: Roscher).

2. Bundesliga Herren: Von Topspielen und anderen rassigen Duellen

Dr. Stephan Roscher 19.02.2016

Schmaler Grat zwischen Auf- und Abstieg

In der Liga, in der zwischen dem Tabellendritten und dem Neunten derzeit ein einziges Pünktchen liegt – lediglich an der Spitze konnten sich der TTC Fortuna Passau und der TV Hilpoltstein ein wenig absetzten und am Ende des Klassements ist Ex-Erstligist TTC Ruhrstadt Herne eigentlich schon so gut wie abgestiegen –, kann man sich mit einem einzigen Sieg um bis zu sechs Plätze verbessern und mit einem Remis bereits drei, vier Ränge gutmachen. 

Andersherum sind alle Teams vom Dritten, 1. FC Saarbrücken TT II, ab, akut abstiegsbedroht. Jede dieser sechs Mannschaften kann durch eine einzige Niederlage unter den Strich, sprich auf Platz neun, geraten, auf dem derzeit der TuS Fürstenfeldbruck steht, der diesen schnellstmöglich verlassen möchte. Folglich hat jede Partie eine immense Bedeutung, wenngleich diese meist eine Woche später schon wieder ausgebügelt werden kann.

Herbstmeister Hilpoltstein will Spitzenrang zurückerobern

Letztes Wochenende wurden wir Zeugen eines fantastischen Spitzenspiels, zugleich Derby Mittelfranken vs. Niederbayern, zwischen Hilpoltstein und Passau vor der fantastischen Kulisse von 540 Fans – eine einzige TTBL-Begegnung war an jenem Wochenende besser besucht. Durch den 6:4-Erfolg des TVH rückten die beiden Topteams noch dichter zusammen.

Nun steht für die Mittelfranken, nach einer „Ehrenrunde“ in der 3. Liga erst seit dieser Spielzeit wieder zweitklassig, das nächste Topspiel an – diesmal an der Saar. Hilpoltstein ist Tabellenzweiter mit zwei Partien weniger als Spitzenreiter Passau und stolzen – für diese Liga wahrlich komfortablen – drei Minuspunkten weniger belastet.

Würde man am Sonntag auch im Südwesten gewinnen, beim Mitaufsteiger 1. FC Saarbrücken TT II, könnte man die Top-Position erklimmen, allerdings nur, wenn tags zuvor Passau gegen den TTC Frickenhausen, eines aus dem Heer der sechs Teams mit jeweils 13 Pluspunkten, verliert oder über eine Punkteteilung nicht hinauskommt. Und auch dort scheint jede Variante möglich – zu unberechenbar ist nicht bloß der „Tälesklub“ sondern auch die Fortuna mit Can Akkuzu, Frane Kojic, Tomas Sadilek und Frantisek Krcil.

Man könnte das Duell im Saarland auch das „Wundertüten-Match“ nennen. Nicht nur die Liga ist eine an Spannung und Aha-Effekten nicht zu übertreffende Wundertüte, sondern die Saarländer mit Leonardo Mutti, Tamas Lakatos, Spielertrainer Bobo Grujic, Dennis Klein und „Nesthäkchen“ Andrey Semenov sind es im Besonderen, wie auch Hilpoltsteins Manager Bernd Beringer konstatiert: „Der Mitaufsteiger sorgt durch seine meist extremen Ergebnisse häufig für Schlagzeilen. So auch in der Vorrunde, als man dem TV Hilpoltstein in dessen Halle eine heftige 1:6-Schlappe zugefügt hat. Auf dem Papier sehen die Aktien der Hilpoltsteiner Amateure also eher schlecht aus. Doch Saarbücken ist die „Wundertüte der Rückrunde“. Dem 6:1 gegen Dortmund und dem 6:0 in Fürstenfeldbruck steht eine derbe 1:6-Pleite am letzten Wochenende in Jülich gegenüber. In der Vorrunde gewann man nicht nur in Hilpoltstein, sondern auch beim derzeitigen Tabellenführer Fortuna Passau.“

Und der TVH will etwas geradebügeln. „Jetzt sinnen die Mittelfranken auf Revanche“, so Beringer. „Immer noch berauscht vom sensationellen Heimsieg gegen den Tabellenführer reisen Flemming und Co. durchaus zuversichtlich ins ferne Saarland, wo zahlreiche junge Zweiliga-Profis unter besten Bedingungen im Olympia-Stützpunkt Saarbrücken täglich mit den eigenen Erstliga-Cracks – sie führen derzeit die Tabelle der 1. Liga an – trainieren können.“

Man darf gespannt sein, wie sich Petr David, Alexander Flemming, Nico Christ und Dennis Dickhardt im äußersten Südwesten aus der Affäre ziehen. Manche hatten nach der furiosen Hinserie mit einem Einbruch der Hilpoltsteiner Tischtennis-Asse in der zweiten Saisonhälfte gerechnet, doch der ist bisher ausgeblieben. Der Ehrgeiz beim inoffiziellen Herbstmeister wächst, auch nach dem 18. Spieltag auf den Rest der Liga von ganz oben zu blicken. Die Partie wird übrigens nicht an gewohnter Stätte, sondern in der Sporthalle Gemeinschaftsschule Neue Sandrennbahn, Cranachstraße 7, 66424 Homburg-Erbach, ausgetragen (Sonntag, 13 Uhr).

Passau und Ober-Erlenbach vor schwierigen Bewährungsproben

Doch Saarbrücken II vs. Hilpoltstein ist nur eine von fünf hochinteressanten Paarungen des kommenden Wochenendes, bei denen sämtliche zehn Mannschaften je einmal zum Einsatz kommen. Die Partie der Passauer Fortunen gegen unberechenbare Frickenhausener (Samstag, 14 Uhr) haben wir erwähnt – im Hinspiel teilte man sich die Punkte.

Kohei Sambe schlägt kommende Saison zwar für Grenzau in der TTBL auf, möchte aber zunächst einmal mit Ober-Erlenbach im Unterhaus so weit oben wie irgend möglich ins Ziel kommen (Foto: Roscher).

Auch das Duell der zuletzt in Fürstenfeldbruck unsanft auf den Boden zurückgeholten, ambitionierten Ober-Erlenbacher mit dem Zweitliga-Dino BV Borussia Dortmund (Samstag, 18 Uhr) verspricht interessant zu werden.

Der Aufsteiger aus dem Rhein-Main-Gebiet – derzeit mit 13:11 Zählern auf Platz fünf – will natürlich am Ende eine der oberen Positionen in der Liga belegen, auch wenn das komplette vordere Paarkreuz mit Kohei Sambe (nach Grenzau) und Dang Qiu (nach Grünwettersbach) den zweitbesten Klub Hessens verlassen wird.

Dazu bedarf es eines Sieges gegen den BVB, der – so absurd es sich anhören mag – mit 13:13 Punkten eminent abstiegsbedroht ist und seinerseits unbedingt die Punkte benötigt. Bottroff und Co. haben zuletzt sogar das traditionell schwierige Derby gegen Herne klar für sich entschieden und scheinen auf dem aufsteigenden Ast zu sein. Dortmund gewann das Hinspiel mit 6:3, somit haben die Hessen noch eine Rechnung offen.

Nach der ersten Halbserie hatte TTC-Teammanager Johannes Herrmann zu Protokoll gegeben: „Wir sind auf dieses junge Team - Altersdurchschnitt 19 Jahre - mächtig stolz und wollen den eingeschlagenen Weg weiter gehen.“ Daran dürfte sich nichts geändert haben, auch wenn angesichts der bizarren Tabellensituation selbst der Klassenerhalt noch längst nicht in trockenen Tüchern ist. Das Spiel in dem dörflich geprägten Bad Homburger Vorort verspricht reichlich Spannung.

Schlusslicht Herne will nichts verschenken

Die Ruhrstädter aus Herne wurden oft unter Wert geschlagen und wollen das Stigma von 3:23 Punkten nicht auf sich sitzen lassen. Nach der Vorrunde stellte sich Geschäftsführer Arthur Schemp die Frage: „Ist das fehlendes Können und Nervenschwäche oder fehlt das notwendige Quäntchen Glück?"

Nun, fünf Spieltage vor Schluss zehn Punkte Rückstand aufs rettende Ufer und eine miserable Spiele-Differenz – zu schaffen ist der Klassenerhalt nicht mehr. Doch was man jetzt noch tun kann ist, sich teuer zu verkaufen und den Respekt der Tischtennisszene zu gewinnen.

So soll ausgerechnet im Heimspiel gegen den ehemaligen Erstliga-Dino TTC indeland Jülich (Sonntag, 15 Uhr) der erste Saisonsieg glücken.

Ausgeschlossen ist nichts, schon gar nicht in dieser Liga, jedoch lässt sich die Favoritenrolle des Gasts aus der westlichen Grenzregion nicht wegdiskutieren

Bad Königshofen: „Spiel des Jahres, Teil 1“

Doch das war noch nicht alles. Eine außergewöhnliche Partie steigt nämlich auch noch in Bad Königshofen, wo der derzeitige Tabellenvierte aus dem unterfränkischen Kreis Rhön-Grabfeld am Samstag (14 Uhr) den Tabellenneunten TuS Fürstenfeldbruck zu einem der zahlreichen Bayern-Duelle erwartet.

Einen ganzen Pluspunkt weniger als der gastgebende TSV haben die „Brucker“ auf dem Konto (12:14) und sind damit hochgradig abstiegsgefährdet. Allerdings waren sie zuletzt beim 6:4 über Ober-Erlenbach in prächtiger Spiellaune und wollen genau da auch am Samstag anknüpfen.

Es könnte – in Bad Königshofen traditionell vor guter Kulisse – einen echten Zweitliga-Thriller geben wie beim Remis im Hinspiel. Aber letztlich sind Prognosen in dieser Liga allzu oft obsolet und manche Partie zwischen scheinbar gleichstarken Kontrahenten endete schon mit einem 6:0- oder 0:6-Eintrag auf dem Spielberichtsbogen.

Der TSV hat das Match zum „Spiel des Jahres, Teil 1“ ausgerufen – weitere Teile werden demnächst beim Top-Duo der Liga Hilpoltstein (28.02.) und Passau (12.03.) erfolgen, zwei weitere Bayern-Derbys, in die man angesichts der Auswärtsstärke des Teams, das in der Fremde erst einmal verloren hat, recht optimistisch hineingeht.

Da bereitet den Unterfranken das Heimspiel gegen Fürstenfeldbruck schon eher Kopfzerbrechen, das TSV-Pressebeauftragter Rudi Dümpert in seinem Vorbericht mit den Untertiteln „Das einzig Normale ist die Überraschung – Der Druck auf dem Kessel ist riesig“ versehen hat. Zitieren wir Dümpert noch ein wenig, der die gesamte dramatische Unberechenbarkeit des Unterhauses in dieser Saison zum Ausdruck bringt: „Das hat es noch nie gegeben, dass sechs Spieltage vor Saisonende noch neun der zehn Mannschaften Meister werden, aber auch alle absteigen können. Wann redet schon mal allen Ernstes ein Tabellenführer vom Ziel Klassenerhalt.“

Eine Bank: Sichere Punktelieferanten sind ?David? Mizuki Oikawa (hinten) und ?Goliath? Marek Klasek im Doppel beim TSV Bad Königshofen. Aufnahme vor gewohnt gut gefüllten Rängen beim TSV-Heimspiel gegen Ober-Erlenbach (Foto: Rudi Dümpert).

Auch der TSV ist in einer schwierigen Situation. „Die Pläne für die nächste Saison in dieser so attraktiven Liga liegen in der Schublade von Manager Andy Albert“, so Dümpert. „Sie basieren auf einem soliden Fundament. Nur: Diese vertrackte Saison, bedingt durch den Ausfall von Kilian Ort, muss überstanden werden, wenn das Tischtennis-Märchen vom Underdog, der mit seiner Entwicklung in der ganzen TT-Republik auf sich aufmerksam machte, weiter geschrieben werden soll.“

Beim Unternehmen Klassenerhalt bauen die Unterfranken nicht zuletzt auf den quirligen Japaner Mizuki Oikawa, der inzwischen mit einer 15:6-Bilanz im Spitzenpaarkreuz zu den Topleuten der Liga zählt. Dümpert erklärt den Aufwärtstrend des jungen Asiaten: „Mizuki Oikawa ist ein ganz anderer Mensch, seit sein Coach Itagaki da ist. Der behauptet, dass „Selfconfidence, Selbstvertrauen, das A und O beim Tischtennis“ ist. Oikawa mutierte binnen zwei Wochen vom introvertierten, scheinbar emotionslosen Einzelgänger zum extrovertierten Energiebündel.“ Man darf gespant sein, ob Oikawa am Samstag auch gegen Michal Obeslo und Florian Schreiner die hohen Erwartungen erfüllen kann.

Ein Spieltag der Superlative mit richtungsweisenden Partien steht bevor, auf den sich nicht nur eingefleischte Zweitliga-Fans freuen können.

 

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