Rio de Janeiro. Kein Olympia-Endspiel für die DTTB-Herren: Angeführt vom überragenden Olympia-Dritten Jun Mizutani ist Vize-Weltmeister Japan in das Olympia-Finale eingezogen. Die deutschen Herren standen im Riocentro 3 trotz guter Unterstützung der etwa 3000 Zuschauer beim 1:3 verdient auf verlorenem Posten und spielen am Mittwoch gegen Südkorea um Bronze. Dimitrij Ovtcharov hatte zu Beginn die Hoffnung auf das Finale genährt, doch in den folgenden drei Partien hatte Team Deutschland kaum Chancen. „Ich bin mehr enttäuscht als nach dem Einzel-Wettbewerb“, sagte Timo Boll.
Sport rückt in den Hintergrund
Silber in Japan 2008, Bronze in London 2012 – und in Rio 2016? Die deutschen Herren spielen wie vor vier Jahren in der britischen Metropole um die Bronzemedaille. Japan war im Halbfinale zu stark und schlug Deutschland erstmals nach acht Jahren wieder. Der letzte japanische Sieg datierte aus dem Jahr 2008 bei der Team-WM in Guangzhou. Danach hatte das DTTB-Team – Vize-Weltmeister 2014, 2012, 2010 – bei WM und Olympia die Mannschaft Japans stets besiegt. „Seit langem haben wir in Bestbesetzung nicht das Maximale herausgeholt. In der Regel haben wir dann erst immer gegen die Chinesen die Segel gestrichen. Ich bin sehr enttäuscht, mehr enttäuscht als nach meiner Einzel-Niederlage. Japan war heute stärker“, sagte Timo Boll.
Die Niederlage des DTTB-Teams rückte mit der Meldung des Todes von Kanuslalom-Trainer Stefan Henze in den Hintergrund. „Was zählt unsere Niederlage gegen das Leben von Kanu-Trainer Stefan Henze? R.I.P“, twitterte Boll. Auch Dimitrij Ovtcharov äußerte sich via Facebook. „Sport rückt an einem Tag wie heute aber in den Hintergrund. Unser aller tiefstes Mitgefühl gilt den Angehörigen des verstorbenen Kanu-Trainer Stefan Henze. Mein Beileid seiner Familie.“
Ovtcharovs starker Start reicht nicht
Das Halbfinal-Match gegen Japan im Riocentro 3 hatte aus deutscher Sicht verheißungsvoll begonnen. Mit einem souveränen Erfolg über Maharu Yoshimura sorgte Dimitrij Ovtcharov für die 1:0-Führung. Dabei sollte es aber bleiben. Timo Boll verlor gegen Einzel-Bronzemedaillengewinner Jun Mizutani nach 7:2-Führung mit 3:0. Es war eine der ganz seltenen Niederlagen Bolls gegen Japans Topspieler. Die Bilanz des Deutschen ist hoch positiv. Im Doppel mussten Boll/Steger die Qualitäten von Koki Niwa/Yoshimura anerkennen. Beflügelt von seinem ersten Einzel machte ein bärenstarker Mizutani gegen Bastian Steger, der im Achtel- und Viertelfinale noch mit Siegen über die gegnerischen Spitzenspieler geglänzt hatte, alles klar. „Er hat einfach keinen Fehler gemacht, war so dicht. Ich habe alles versucht, war aber chancenlos. Im Doppel waren die Japaner einfach gut, Niwa hat unglaubliche Rückschläge gespielt, sie haben sich gut in die Bälle reinbewegt“, kommentierte Steger die dritte Doppel-Niederlage des deutschen Duos in Rio. Gegen Taiwan und Österreich im Viertelfinale hatten Boll/Steger im fünften Satz verloren.
„Japan ist Vize-Weltmeister, hat mit Mizutani einen Spieler, der durch seine Bronzemedaille sehr viel Selbstvertrauen hat und hier hinter den Chinesen der beste Spieler war. Uns war klar, dass es schwierig wird“, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf und resümierte: „Dima hat sehr souverän gewonnen. Timo führt gegen Mizutani 7:2 im ersten Satz, den er dann verliert. Das war der Knackpunkt in Timos Spiel. Danach sind die Japaner im Doppel stark aufgetreten. Beim 1:2 gegen Mizutani in Bestform zu spielen, ist dann extrem schwer. Jetzt heißt es volle Konzentration auf das Spiel um Bronze am Mittwoch“, so Roßkopf.
Das Doppel ist ein Problem
„Das war unsere dritte Doppel-Niederlage in Folge hier. Das Doppel ist in dem System extrem wichtig. Wenn du es wie heute beim Stand von 1:1 verlierst, kannst du kaum noch was machen. Andererseits: Holen wir irgendwie vorher zwei Punkte, bin ich mir sicher, dass ich das entscheidende Spiel gewonnen hätte. Aber hätte, wenn und aber nützt nichts, wir müssen uns jetzt neu fokussieren auf das Bronze-Match“, betonte Dimitrij Ovtcharov, der vor dem Spiel schon bemerkt hatte: „Japan hat eine junge Truppe, die heiß ist, ein sehr gutes Doppel hat. Ich würde sagen, dass sie derzeit leicht favorisiert sind.“ Die Einschätzung des Weltranglistenfünften sollte sich bewahrheiten.
Zum ZDF-Interview mit Dima Ovtcharov
Im Bronze-Match voraussichtlich gegen Korea
Am Mittwoch 16 Uhr deutsche Zeit geht es gegen Südkorea, das China im zweiten Halbfinale mit 0:3 unterlag. Das deutsche Team kennt diese Drucksituation des Entscheidungsspiels, in dem es um Bronze oder Blech geht, nur allzu gut. 2012 in London bezwang das heutige Rio-Trio Hongkong mit 3:1. Bundestrainer Jörg Roßkopf sieht die Erfahrung als Pluspunkt an: „Wir werden die Enttäuschung heute verarbeiten und mit unserer Erfahrung und unserem Willen die Medaille holen.“
Deutschland - Japan 1:3
Dimitrij Ovtcharov - Maharu Yoshimura 3:0 (8,3,3)
Timo Boll - Jun Mizutani 0:3 (-9,-5,-10)
Timo Boll/Bastian Steger - Koki Niwa/Maharu Yoshimura 1:3 (-5,13,-4,-5)
Steger - Mizutani 0:3 (-5,-4,-4)
China - Südkorea 3:0
Zhang Jike - Jeoung Youngsik 3:2 (-12,11,-9,8,4)
Ma Long - Joo Saehyuk 3:0 (4,4,1)
Xu Xin/Zhang Jike - Lee Sangsu/Jeoung Youngsik 3:0 (8,10,6)
Mittwoch, 17. August, Medaillen-Entscheidungen
16 Uhr: Spiel um Bronze: Deutschland - Südkorea
0:30 Uhr: Finale: China - Japan
Siegerehrung im Anschluss