Bangkok. Dimitrij Ovtcharov hat das Endspiel der mit insgesamt 1 Million Dollar dotierten ITTF World Tour Grand Finals verloren. In einem nervenaufreibenden Krimi unterlag der 26-jährige Olympiadritte dem World-Cup-Halbfinalisten Jun Mizutani in sieben Sätzen mit 12:14, 10:12, 11:8, 3:11, 11:6, 14:12 und 6:11. Für den Japaner ist es nach 2010 in Seoul bereits der zweite Triumph bei den prestigeträchtigen Grand Finals. Der Weltrangliste-Fünfte nahm für seinen Titelgewinn einen Siegerscheck in Höhe von 100.000 Dollar in Empfang, dem nur zwei Plätze in der ITTF-Notierung hinter Mizutani geführten Ovtcharov bleibt als Trostpflaster immerhin ein stattliches Weihnachtsgeld in Höhe von 60.000 Dollar.
Jörg Roßkopf sah starken Ovtcharov, aber auch ausgelassene Chancen
Schlüsselszenen aus Sicht des in Russland für Orenburg spielenden Ovtcharovs gab es in dem hochklassigen Finaldrama mehrere, die beiden vielleicht entscheidenden waren die vergebene 10:8-Führung Ovtcharovs nach tollem Start im ersten Durchgang, die zweite der 'big point' Mizutanis im Entscheidungssatz, als der Europameister bei einer 4:3-Führung gegen den aus fast aussichtsloser Position agierenden Mizutani ein Topspinduell nicht zum 5:3 verwandeln konnte. Die Folge des mit 12:14 verlorenen ersten Durchgangs war eine 2:0-Satzführung des Japaners, die Konsequenz aus dem verpassten 'big point' im siebten Satz eine Serie 6:1-Serie-Mizutanis, die über 6:4 zum 10:5 führte und schließlich den 11:6-Erfolg Mizutanis möglich machte. Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf analysierte unmittelbar nach dem Match: "Dima hat heute seine Chancen gehabt, aber nicht genutzt. Vor allem im ersten Durchgang bei eigenen Satzbällen, aber auch in der entscheidenden Phase, als er den Schwung vom gewonnenen sechsten Satz nicht mitnehmen konnte." In den Head-to-Vergleichen schraubte der Japaner mit dem knappen Erfolg seine Bilanz gegen Ovtcharov auf 9:4 hoch.
Timo Boll bleibt bislang einziger deutscher Grand-Final-Gewinner
Seit der Einführung der World Tour 1996 durch den Weltverband ITTF gab es bislang erst einen Sieger aus Deutschland. Timo Boll triumphierte 2005 im chinesischen Fuzhou im Einzel und im Doppel (mit Christian Süß). Bastian Steger (Bremen) hatte 2010 in Seoul im Einzel das Finale erreicht, u.a. mit einem Sieg über Dimitrij Ovtcharov, und erst im Endspiel gegen Mizutani verloren. Mizutani nutzte sowohl in Seoul als auch diesmal in Bangkok das Fehlen der Chinesen, um sein Weltranglistenpunkten- und Bankkonto zu bereichern. Das Fehlen der überragenden Spieler aus dem Reich der Mitte, die im Jahr 2014 nicht auf ausreichend viele Starts für eine Qualifikation kamen, hatte Ovtcharov schon vor dem Turnier mit zwiespältigen Gefühlen kommentiert: "Sportlich ist es noch interessanter, wenn die Chinesen dabei sind, denn es ist immer gut, gegen sie auf wichtigen Veranstaltungen spielen zu können. Andererseits ist es sehr hoch dotiertes Turnier, und ohne die Chinesen ist es natürlich etwas leichter."
Mengel verdient sich Sonderlob des Bundestrainers
Während Mizutani am Vormittag im Halbfinale Portugals Europe-Cup-Gewinner Marcos Freitas ausgeschaltet hatte, war der in Bangkok in bestechender Form spielende Ovtcharov mit einem 11:6, 11:8, 11:6 und 11:7 über den Hongkong-Chinesen Tang Peng erstmals überhaupt in ein Grand-Final-Endspiel gestürmt. In der Runde der besten Acht bezwang er gestern in einer dramatischen Neuauflage des olympischen Bronzemedaillenmatches von London Taiwans Doppel-Weltmeister Chuang Chih-Yuan nach einem 6:8-Rückstand im Entscheidungssatz mit 11:9. Zuvor hatte er im Achtelfinale Japans jungem Abwehrass Yuto Muramatsu beim 4:0 keinerlei Chance gelassen und sein sechs Jahre währendes Grand-Final-Trauma der Erstrundenniederlagen (6 x im Einzel, 1 x im Doppel) ad acta gelegt. Mizutani hatte in Runde eins seinen Landsmann Masataka Morizono und im Viertelfinale dann den Weltranglisten-28. Steffen Mengel besiegt. Mit dem 1:4 endete für den Debütanten aus Bergneustadt das bislang erfolgreichste Jahr seiner Karriere. Für die vergangenen zwölf Monate erntete er in der Bangkok-Bilanz von Jörg Roßkopf noch einmal ein Sonderlob: "Steffen hat auch hier sehr gut gespielt. das war ein ganz besonders Jahr für ihn, in dem er sich mit tollen Ergebnissen von 144 auf Rang 28 in der Welt gespielt. Das hat er sich mit viel fleißiger und kontinuierlicher Arbeit redlich verdient."
Auch die Siegerin im Damen-Einzel kommt aus Japan
Mit Kasumi Ishikawa kommt auch die Siegerin im Damen-Einzel aus Japan. Die Linkshänderin gewann das Endspiel gegen die südkoreanerische Verteidigerin Seo Hyowon klar mit 4:0. Bereits gestern hatten die 14 Jahre alten Japanerinnen Mima Ito/Miu Hirano als jüngste Grand-Final-Siegerinnen mit ihrem Finalerfolg im Damen-Doppel Tischtennis-Geschichte geschrieben. Bei den Herren siegte das Duo Cho Eonrae/Seo Hyundeok.
Deutschland hatte am Freitag im U21-Wettbewerb durch Petrissa Solja Bronze gewonnen, die im Viertelfinale des Doppel-Wettbewerbs zusammen mit ihrer Berliner Vereinskollegin Shan Xiaona nur knapp an Ito/Hirano scheiterte. Im Damen-Einzel unterlagen die an den Positionen drei und vier gesetzten Deutschen Han Ying und Shan Xiaona im Achtelfinale gegen Yu Mengyu bzw. die Portugiesin Fu Yu.
Eurosport berichtet aus Bangkok
Eurosport mit Reporter René Adler sendet heute noch zweimal Bild aus Bangkok zu folgenden Terminen:
18:00-19:30 Uhr: Endspiele (zeitversetzt, Eurosport 2)
00:30-01:30 Uhr: Endspiele (zeitversetzt, Eurosport)
Die Ergebnisse am Sonntag, 14. Dezember
Herren-Einzel
Finale
Jun Mizutani JPN - Dimitrij Ovtcharov GER 4:3 (12,10,-8,3,-6,-12,6)
Halbfinale
Jun Mizutani - Marcos Freitas POR 4:1 (9,7,6,-4,9)
Dimitrij Ovtcharov - Tang Peng HKG 4:0 (6,8,6,7)
Damen-Einzel
Finale
Kasumi Ishikawa JPN - Seo Hyowon KOR 4:0 (7,7,3,9)
Halbfinale
Kasumi Ishikawa - Georgina Pota HUN 4:0 (6,3,7,5)
Seo Hyowon - Yu Mengyu SIN 4:2 (-4,5,6,8,-8,9)
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Die deutschen Teilnehmer an den Grand Finals in Bangkok (11.-14. Dezember)
Herren-Einzel
Dimitrij Ovtcharov (Orenburg/Russland)
Damen-Einzel
Han Ying (Tarnobrzeg/Polen)
Shan Xiaona (Berlin)
Damen-Doppel
Petrissa Solja/Shan Xiaona (Berlin)
U21, Damen
Petrissa Solja (Berlin)
Trainer
Jörg Roßkopf (Bundestrainer Herren), Jie Schöpp (Bundestrainerin Damen)
Schiedsrichter
Gert Selig
MS