Bremen. Tischtennis statt Mathe stand heute für viele Kinder und Jugendliche auf dem Stundenplan. Knapp 500 Kinder und Jugendliche aus 21 Schulen sind der Einladung des DTTB zum „Tag der Schulen“ im Rahmen der GAC Group ITTF World Tour German Open in Bremen gefolgt, um für einige Stunden Schulbank mit Tischtennistisch zu tauschen. Selbst zum Schläger zu greifen war ein Teil des gebotenen Programms. Nationale und internationale Tischtennis-Stars live zu erleben war ein weiterer Teil - für die meisten ebenso interessant und aufregend.
In der ÖVB-Arena Bremen wurden die Kinder und Jugendlichen von Mitarbeitern des DTTB und etlichen Volunteers angeregt, selbst aktiv zu werden. Die seit vielen Jahren bewährte Veranstaltung unter der Regie von Marita Bugenhagen, Leiterin des DTTB-Breitensportreferats, und ihrem Team fand auch in diesem Jahr wieder enormen Anklang.
Kooperation Schule-Verein funktioniert
„Das macht Spaß hier“, strahlt der achtjährige Lennart, während er versucht, einen Ball möglichst lange auf seinem Schläger zu balancieren. Er macht das richtig gut. Aber er hat auch schon Erfahrung. „Ich habe an den mini-Meisterschaften teilgenommen und wurde Sechster von 75 Teilnehmern“, erzählt er stolz. Lennart besucht die Grundschule Dietrichsfeld in Oldenburg. Nicht alle Kinder, die heute mit ihm zusammen gekommen sind, gehen in seine Klasse. „Wir sind heute mit den Klassenstufen 3 und 4 angereist, die alle in die Endrunde der mini-Meisterschaften gekommen sind“, erklärt Anke Metger. Sie leitet seit mehr als zehn Jahren die Tischtennis-AG an Lennarts Schule.
„Angefangen habe ich, als mein eigener Sohn in der Grundschule war. Damals wurden Eltern für Schul-AGs gesucht. Als aktive Tischtennisspielerin war das das einzige, was ich anbieten konnte. Die Schule legte sich daraufhin Tischtennistische zu, und seitdem haben wir zwischen zwölf und 14 Kinder jedes Halbjahr. Wir konnten auf diese Weise schon einige Kinder für das Spielen im Verein gewinnen“, resümiert sie zufrieden.
An einem der Tische zum freien Spiel haben sich Steffen und sein Freund Leon zusammengetan, um sich zu messen. Sie besuchen die 5. Klasse des Bremer Gymnasiums an der Hamburger Straße. „Mir gefällt am besten, dass der Ballwechsel so schnell ist“, meint Steffen. Sein Freund stimmt ihm zu. Und schon sind sie wieder in ihr Spiel vertieft.
Stolz auf das Tischtennis-Sportabzeichen
Auch die Midi-Tische sind begehrt. An einem dieser Tische spielt der zwölfjährige Jason gegen Carsten Bluhm, seinen Lehrer. Jason sitzt im Rollstuhl. Er ist äußerst konzentriert und macht es seinem Lehrer nicht leicht. „Jason ist sehr talentiert, was Ballsportarten angeht“, attestiert ihm Bluhm. Und Jason ergänzt ein bisschen stolz: „Ich spiele auch Basketball im Verein.“ Dann will er weiterspielen. Wer wird wohl gewinnen? „Ich natürlich“, ist sich Jason ganz sicher.
Katharina Viereck und ihre Kollegin sind mit 18 Kindern der 3. Klasse der Grundschule am Hainerweg angereist. „Ich bin sozusagen Wiederholungstäterin. Das ist schon das dritte Mal, dass ich am ‚Tag der Schulen‘ teilnehme“, verrät sie im Gespräch. „Unsere Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt. Von den Eltern kommt da meistens nicht so viel. Deshalb ist es mir ein Bedürfnis, den Kindern auch mal die Möglichkeit zu bieten, in eine andere Sportart hinein zu schnuppern. Und der ‚Tag der Schulen‘ ist immer eine tolle und lohnenswerte Veranstaltung. Ich war bestimmt nicht das letzte Mal dabei.“ Die Begeisterung ist ihr anzusehen. Mohammed, einer ihrer Schützlinge, zeigt stolz seine Urkunde. „Schau, ich habe das Tischtennis-Sportabzeichen gemacht“, verkündet er stolz bevor er sich wieder in das Getümmel stürzt.
Selina: Auf der Jagd nach dem längsten Ballwechsel
Dass Mädchen Tischtennis spielen anders betreiben als Jungen ist auch heute wieder deutlich zu erkennen. Während die Jungen sich gerne und oft in Wettkämpfen messen, spielen die Mädchen lieber miteinander statt gegeneinander. „Am schönsten ist es, wenn wir möglichst oft den Ball hin und her spielen können“, bestätigen die zwölfjährige Selin und ihre Freundin von der Albert-Einstein-Oberschule. Ganz anders am Nachbartisch, an dem ein Doppel „unter Männern“ stattfindet. Vincent, zehn Jahre, spielt mit seinem Lehrer gegen zwei Mitschüler aus seiner Parallelklasse. Es geht um jeden Punkt. „Wir wollen unbedingt gewinnen“, verkündet Vincent kämpferisch. Vincent hat bereits einen Erfolg im Tischtennis vorzuweisen: „Früher in der Grundschule habe ich ein Turnier gewonnen. Und das war mein Preis“, meinte er stolz und hielt seinen Tischtennisschläger in die Höhe. „Ich würde gerne in einem Tischtennisverein spielen, aber mir kommt immer etwas dazwischen“, erklärt er auf Nachfrage. Vielleicht klappt es ja nach dem Motivationsschub des heutigen Tages.
n einigen Tischen kann man Grüppchen von Schülerinnen und Schülern beim Rundlauf beobachten. Weitere Kinder sitzen auf dem Boden und spielen sich an Mini-Tischen die Bälle zu. Auch die Midi-Tische sind permanent belegt. Es ist ein geschäftiges Treiben. Und wer nicht gerade Tischtennis spielt, der ist irgendwo bei einer der anderen Attraktionen zu finden. Ein paar Schüler sind schon wahre Profis auf Waveboards. Einige jüngere Kinder versuchen sich auf den Pedalos. Zwei Mädchen stolzieren auf Stelzen daher. Und in der Ecke werfen ein paar Kinder mit Tennisbällen auf eine Klett-Wurfscheibe.
Warteschlangen vor den Robotern
Nebenan sind noch zwei weitere heißbegehrte Stationen: die Tischtennis-Roboter. Die 14-jährige Anja steht in einer der Warteschlangen. „Ich habe mein Tischtennis-Sportabzeichen schon gemacht. Es war eigentlich ganz leicht und hat viel Spaß gemacht. Nun möchte ich mich noch am Ballroboter versuchen. Das habe ich noch nie gemacht“, erzählt sie freimütig und kommt auch gleich an die Reihe.
An der zweiten Roboterstation kann die Ballgeschwindigkeit gemessen werden. Carsten ist einer der Betreuer dieser Station. Er ist bereits das fünfte Mal als Volunteer bei den German Open dabei. Beim „Tag der Schulen“ ist es sein zweiter Einsatz. Momentan stehen nur Jungen an der populären Station. „In der ersten Gruppe heute Morgen waren auch etliche Mädchen dabei. Doch jetzt sind es nur die Jungs, die kommen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die älteren Mädchen aus der zweiten Gruppe das nicht mehr so interessant finden“, vermutet.
Delmenhorst: Tischtennisangebot auch in den Schulpausen
Und wer nun gar nichts unter den sportlichen Angeboten findet oder einfach mal eine Pause machen möchte, der kann sich in der Bastelecke entfalten. Auch das wird am „Tag der Schulen“ geboten. Die Kinder können dort Tischtennisbälle bemalen oder einen eigenen Anstecker kreieren. Und natürlich als kleines Andenken mitnehmen. Die Drittklässlerinnen Luise, Paula S., Paula B., Elisa und Nia von der Grundschule Baumschulenweg sind eifrig beim Bemalen der Bälle. Auch mehrere Buttons liegen neben ihnen auf dem Tisch. „Das macht mir sogar mehr Spaß als Tischtennis spielen“, meint Luise. Doch Nia widerspricht ihr. „Ich habe noch nicht oft Tischtennis gespielt. Aber heute hat es richtig Spaß gemacht. Und ich habe das Tischtennis-Sportabzeichen geschafft und eine Urkunde bekommen“, freut sie sich.
Zurück an den Tischen fällt ein Jugendlicher ins Auge. Mit einem Strahlen im Gesicht spielt er den Ball gekonnt schnell auf die andere Tischhälfte. Sein Gegner ist hochkonzentriert und pariert den Angriff mit einem geübten Schlag. Auf den ersten Blick kann man erkennen, dass diese beiden Jugendlichen über gute Tischtennis-Grundlagen verfügen. „Norman und Caner, spielen zusammen in einem Tischtennis-Verein“, bestätigt Lutz Wagener diesen Eindruck. Er unterrichtet an der Schule an der Karlstraße in Delmenhorst und ist selbst aktiver Tischtennisspieler. Mit zwei Kollegen und vier Schülern nimmt er heute das erste Mal am „Tag der Schulen“ teil. „Wir sind eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung“, erklärt er. „Ich versuche, die Schüler an geeignete Sportarten heranzuführen. Tischtennis bietet sich da sehr gut an.“ In der Schule werden auch in Pausenzeiten regelmäßig Tische aufgebaut. „Da spielen wir dann mit den interessierten Kindern zusammen Tischtennis. Sport wirkt sich ja auch positiv auf das Lernen aus“, meint der Pädagoge. Der 16-jährige Caner, immer noch das Strahlen auf seinem Gesicht, macht eine kurze Pause. „Ich spiele seit vier Jahren Tischtennis. In meinem Verein spiele ich bei den Jungen in der Kreisliga“, erklärt er stolz. „Und vorhin an der Ballmaschine habe ich 80 Stundenkilometer geschafft.“ Und wieder strahlt der sympathische Junge über das ganze Gesicht.
Lehrer Lutz Wagener ist sehr angetan von der Veranstaltung. „Es ist toll, dass im Rahmen eines solchen Turniers auch diese Aktion angeboten wird. Das ist genauso wichtig wie die German Open selbst. Es eröffnet vielen Kindern die Möglichkeit, eine neue Sportart kennenzulernen oder einfach in einer bereits bekannten Sportart den Schulalltag angenehm zu unterbrechen“, lobt er ausdrücklich die seit Jahren etablierte Aktion im Rahmen nationaler und internationaler Großveranstaltungen des DTTB. Im Anschluss wird er mit seinen Schützlingen die Gelegenheit wahrnehmen, die deutschen und ausländischen Stars der Szene an den Tischen in der Haupthalle agieren zu sehen. Auch das ist fester Programmpunkt am „Tag der Schulen“. Seine leise Hoffnung: „Das Größte wäre jetzt, wenn wir Timo Boll treffen würden.“