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Winfried Stöckmann (Foto: WTTV/Schoof)
Winfried Stöckmann verstirbt im Alter von 91 Jahren

Tischtennis und Schreiben war seine Passion: Adé, lieber Stöcki!

SH / MS 04.07.2023

Essen. Wer sich seit vielen Jahren für den Tischtennissport interessiert, dem ist Winfried Stöckman sicherlich schon einmal begegnet. Möglicherweise persönlich bei einer der vielen von ihm besuchten Tischtennis-Veranstaltungen. Auf jeden Fall aber in Form seiner unzähligen Zeilen als Autor und Chronist. Nun heißt es traurigerweise Abschied nehmen: "Stöcki", der sieben Jahrzehnte lang über Tischtennis geschrieben hat, ist am Ende Juni im Alter von 91 Jahren in seiner Heimatstadt Essen aus dem Leben geschieden.

Winfried Stöckmann erfand und führte von 1988 bis 2010 die bundesweite Mitgliederstatistik, die auch heute intern immer noch als „Stöckmann-Statistik“ parallel zu den DOSB-Daten erhoben wird. Er war Autor der umfangreichen Texte zu „40 Jahre Damen-Bundesliga“ (2014) und “Deutsche Pokalmeisterschaft der Damen” (2015). Er pflegte Siegerlisten zu zahlreichen Veranstaltungen. Wenn es galt, verschollene Ergebnisse ausfindig zu machen, war Stöckmann mit seiner Sorgfalt und seinem großen Privatarchiv der richtige Mann. Daneben schrieb er jährlich die DTTB-Chronik fort, zunächst im Hand- und Jahrbuch des DTTB, bis einschließlich 2021 auf der DTTB-Website. 

Wie viele Zeilen Winfried Stöckmann in sieben Jahrzehnten formulierte, zuerst auf der Schreibmaschine, später dann auf dem Notebook, es lässt sich nicht einmal erahnen. Allein für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung und die Neue Ruhr Zeitung war der „Herr der Zeilen“, wie ihn seine WAZ-Kollegen aus der Essener Lokalsportredaktion in der Schlagzeile zu seiner Verabschiedung im Dezember 2021 nannten, 68 Jahre lang tätig. "Stöcki" war stets freier Mitarbeiter, aber immer zur Stelle, wenn es um seinen Lieblingssport ging. Das galt auch für seinen Heimatverein DJK Adler Frintrop, heute Adler Union, den Kreis Essen, den Westdeutschen TTV und den Deutschen Tischtennis-Bund.

Herr der Zeilen: Akribischer Faktensammler mit Mut zur Meinung

Winfried Stöckmann arbeitete bis zu seiner Pensionierung als Industriekaufmann in einem Bergbauunternehmen. In einem Gespräch anlässlich seines 90. Geburtstages im Mai letzten Jahres gestand er: „Der Beruf war vor allem zum Geldverdienen da. Im Hinterkopf war immer der Sport.“ Seine Passion waren stets der Tischtennissport und das Schreiben darüber. Zum Journalismus kam Stöckmann allerdings eher zufällig. Als die Jugend-Mannschaft seines Vereins, die der ehemalige Bezirksklassen-Akteur betreute, den Titel bei den Bezirksmeisterschaften gewann, berichtete er über das Ereignis. Der Beitrag erschien im Magazin „deutscher tischtennis-sport“ (heute: „tischtennis“).

Das war im Jahr 1952. Daraus entwickelte sich die ehrenamtliche Mitarbeit in der Redaktion. Nach ebenso regelmäßigen wie thematisch breit gefächerten Beiträgen in den folgenden zwei Jahrzehnten erhielt er in den 70er Jahren sogar eine eigene Kolumne mit dem Titel „Erlebt, erlauscht - kritisch gesehen“ in den „Berichten aus Westdeutschland“. Es folgten Jahrzehnte journalistischer Arbeit und Tausende von Artikeln des Mannes, der bescheiden behauptete, er sei Autodidakt und ihm fehle "jedes journalistische Rüstzeug zum eigentlichen Beruf.“ Der Qualität seiner Texte und Güte seiner Recherchen tat das keinen Abbruch. Akribisch sammelte er Fakten und Daten, hatte einen äußerst gefälligen und sehr verständlichen Schreibstil und den Mut zu kommentieren, wenn es angebracht war.

Winfried Stöckmann scheute sich nie vor verantwortungsvollen Ehrenämtern im Verein und im Verband, wenn seine Kompetenz gefragt war. Bei der DJK Adler Frintrop stand er als Abteilungsleiter (1950-1954 und 1970-1996), dessen Stellvertreter (1954-1970), Kassenwart (1955-2006) und Geschäftsführer (ab 1996) immer an vorderster Front. 66 Jahre war er der Pressewart des Tischtenniskreises Essen, außerdem stellvertretender Kreisvorsitzender und WTTV-Pressewart. Im Jahr 2019 ernannte der WTTV ihn wegen seiner vielfältigen Verdienste zum Ehrenmitglied. Bereits im Jahr 2000 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

Unbeirrbares Gefühl für Anstand und Haltung im Sport und im Leben

Im Jahr 2021 wurde es auf eigenen Wunsch ruhiger um Winfried Stöckmann. Die Gesundheit hatte ihn zuvor aus den eigenen vier Wänden in eine Gemeinschaftseinrichtung gezwungen. Stöcki beschloss im Alter von 89 Jahren, keine Beiträge mehr zu schreiben. Nicht mehr für den Deutschen Tischtennis-Bund, dessen Chronik er Jahr für Jahr mit großer Akribie verfasste, nicht mehr für die Tageszeitungen in und um seine Heimatstadt Essen, die er mit Geschichten von den Tischtennis-Kreismeisterschaften bis zum WM-Bronzejubiläum von Eberhard und der am 19. Juni, fünf Tage vor ihm, verstorbenen Diane Schöler mit der ganzen Bandbreite unseres Sports versorgt hatte.  

Aber auch im Seniorenheim informierte sich Winfried Stöckmann mit wachem Geist über das Weltgeschehen und den Sport, der ihm so sehr am Herzen lag. Mit einigen Weggefährten aus der Tischtennis-Familie hielt er telefonischen Kontakt, darunter Hans Wilhelm Gäb. Der DTTB-Ehrenpräsident sagt über den Menschen Winfried Stöckmann: „Winfried hat mich über sechs Jahrzehnte meines Tischtennis-Lebens begleitet, und ich habe selten einen Menschen kennengelernt, der mich mit seiner Liebe zu unserem Sport und seinem unbeirrbaren Gefühl für Anstand und Haltung im Sport und im Leben ähnlich beeindruckt hätte."

Adé, lieber Stöcki - wir werden Dich vermissen.

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