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Hans Wilhelm Gäb (Foto: BP)
„Außer dem Zeitfaktor gibt es keine Gründe für diesen Schritt“, gibt die „moralische Instanz des deutschen Sports“ an

Hans Wilhelm Gäb zieht sich nach 45 Jahren aus dem DTTB-Präsidium zurück

SH 26.02.2024

Hofheim/Taunus. Hans Wilhelm Gäb, Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes, zieht sich nach 45 Jahren aus der operativen Arbeit für den DTTB zurück. Der ehemalige Automobilkonzern-Lenker und Chef der Deutschen Sporthilfe, der am 31. März 88 Jahre alt wird, informierte Tischtennis-Deutschland am Montag in einem persönlichen Brief.

„1949 habe ich zu spielen angefangen, 1951 bin ich Mitglied von Borussia Düsseldorf geworden, 1979 habe ich meine Arbeit im Präsidium des DTTB begonnen, und in 2024 sind daraus nun 45 lange Jahre geworden. Gibt es einen besseren Zeitpunkt, einen Schlussstrich zu ziehen?“, schreibt er darin und schließt an: „Ich glaube es nicht und habe deswegen entschieden, meine aktive Tätigkeit im Präsidium des DTTB mit dem heutigen Datum zu beenden.“ Er stellt heraus: „Außer dem Zeitfaktor gibt es keine Gründe für diesen Schritt.“ Gäb bedankt sich bei all den vielen Sportkameradinnen und Sportkameraden herzlich, die ihm in diesen Jahren und Jahrzehnten Zeit treue und loyale Wegbegleiter gewesen seien.

Typisch Hans Wilhelm Gäb endet er mit einer Bitte, die an die virtuelle Einladung zu seinem 70. Geburtstag erinnert, mit der er statt zu einem rauschenden Fest zu laden zu Spenden für die „Stiftung Deutsche Sporthilfe“ und die von ihm ins Leben gerufene „Kinderhilfe Organtransplantation“ aufgerufen hatte: „Bitte ersparen Sie mir und sich selbst zu meinem Abschied jegliche Art von formellem Dank“, so Gäb und erklärt: „Niemand schuldet mir Dank. Weil nämlich der Tischtennissport selbst mir doch längst und ein Leben lang in vielfältiger Weise Danke gesagt hat.“ Er wünsche „unserem Spiel, das doch für uns alle der beste Sport der Welt ist und bleiben soll“ alles Gute und unterstreicht, mit dem schnellsten Rückschlagspiel der Welt weiterhin verbunden zu bleiben.“

Für die Entwicklung des Tischtennissports in Deutschland war er Verstand und Herz

Hans Wilhelm Gäb gilt als eine der profiliertesten und angesehensten Personen des deutschen Sports. Für die Entwicklung des Tischtennissports in Deutschland war er über Jahrzehnte Verstand und Herz. Zusammen mit seinem Freund Eberhard Schöler, Deutschlands bis heute einzigen WM-Zweiten im Herren-Einzel und wie Gäb Mitglied der „Hall of Fame“ des deutschen Sports, beschloss er schon in jungen Jahren, Verantwortung in seinem Sport zu übernehmen. Er engagierte sich in einer Zeit, in der Aktivensprecher noch unbekannt waren, für die Spielerinnen und Spieler, war erst Sportwart im Westdeutschen Tischtennis-Verband und ab 1979 Mitglied des DTTB-Präsidiums. Er schuf Seite an Seite mit Schöler und den anderen Vertrauten im neuen Präsidium die Voraussetzungen, die den Profibetrieb und Spieler wie Jörg Roßkopf und Timo Boll überhaupt erst ermöglicht haben. Auch Roßkopf und Boll folgen bis heute Gäbs Grundsatz für alle Lebenslagen: „Lerne anständig zu verlieren und in Bescheidenheit zu gewinnen.“

Hans Wilhelm Gäb professionalisierte die Organisation, schuf Leitbilder und modernisierte das schnellste Rückschlagspiel auch optisch, etwa bei der WM 1989 in Dortmund, wo die krassen Außenseiter Steffen Fetzner und Jörg Roßkopf als Doppel-Weltmeister auch in der öffentlichen Wahrnehmung des Tischtennissports eine neue Ära einleiteten.

Journalist, Automobilkonzern-Chef, Sportfunktionär auf fast allen Ebenen

Beruflich war er ein Multitalent: Sprachgefühl, Kreativität, enormer Fleiß und große Willensstärke zeichneten schon früh seine journalistische Arbeit aus. Seine ersten wichtigen Schritte im Journalismus machte der gebürtige Düsseldorfer bei der Tageszeitung „Mittag“ in seiner Heimatstadt. 1968 gründete der Mann mit dem großen Interesse an Autos und Motorsport zusammen mit einem Partner die „Auto Zeitung“, die er als Chefredakteur führte.

Er wechselte nach einigen Jahren in die PR-Branche, wurde Leiter der Presseabteilung bei den Kölner Ford-Werken und schnell Mitglied des Vorstandes, als erster Kommunikationschef überhaupt. 1981 folgte der Wechsel zu Opel, erst in den Vorstand in Rüsselsheim, dann in die Zentrale von General Motors Europa. Er initiierte die Sponsorships unter anderem mit Steffi Graf, Franziska van Almsick und den Fußballern von Bayern München und dem AC Mailand und verhalf Opel und den Mutterkonzern General Motors zu einem frischen Image.

In der Wirtschaft wie im Sport: Leistung. Fairplay. Miteinander.

Die Tugenden des Sports „Leistung. Fairplay. Miteinander.“ – den Slogan, den er später der Sporthilfe schenken sollte – lebte er auch im Geschäftsleben. Der bedeutende Gestalter des Sports und der Wirtschaft gleichzeitig war und ist ein Teamplayer, der andere stets förderte und Raum für die Weiterentwicklung der Persönlichkeiten an seiner Seite ließ. Gleichzeitig ist er ein entschlossener, durchsetzungsfähiger „Teamchef“, ein Entscheider, der – ist es notwendig – auch mit scharfen Worten seine Meinung vertritt, die Menschen an seiner Seite aber auf seinen Wegen mitnahm und seine Entscheidungen stets zu vermitteln wusste – mal ernsthaft, mal unterhaltsam, immer analytisch und verständlich, empathisch, aber niemals anbiedernd.

Entsprechend bemühte sich auch die Sportfamilie außerhalb der deutschen Tischtennisszene um ihn. Er war Präsident der Europäischen Tischtennis Union, war Willi Daumes Wunschnachfolger an der Spitze des Nationalen Olympischen Komitees und Chef de Mission der gesamtdeutschen Olympia-Mannschaft für Barcelona 1992. Als ein Virus jedoch begann, seine Leber zu zerstören, musste er sich aus allen Ämtern zurückziehen. Dem Mann, der im Sport alles hätte werden können und vieles geworden ist, rettete eine Lebertransplantation das Leben.

Typisch für ihn, der allem Guten, was ihm widerfuhr bzw. was er sich erarbeitet hatte, etwas zurückgeben möchte, gründete er 1996 den Verein „Sportler für Organspende“, den er 2004 um den Verein „Kinderhilfe Organtransplantation“ erweiterte. Zahlreiche Prominente von Timo Boll bis Steffi Graf helfen ihm dabei, die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende zu beleben. Nach überstandener Krankheit kam „die moralische Instanz des deutschen Sports“ mit voller Kraft zurück.

Reformator der Stiftung Deutsche Sporthilfe

Als die Stiftung Deutsche Sporthilfe 2005 in existenziellen Schwierigkeiten war, war für den Neuanfang eine integre und absolut unangreifbare Persönlichkeit gefragt: Hans Wilhelm Gäb. Neben strukturellen und personellen Veränderungen setzte er auch inhaltliche Schwerpunkte, führte die Sporthilfe in ruhiges Fahrwasser und konsolidierte den Haushalt. Erst Vorstands-, dann Aufsichtsratschef ist er bis heute Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der Stiftung.
Seine Ehrungen und Auszeichnungen sind so vielfältig wie sein Handeln – vom Sportmarketing-Mann des Jahres 1996 über den Laureus Medien Preis 2005 bis zum Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ein Jahr später. Im Jahr 2020 wurde er in die „Hall of Fame“ aufgenommen und erhielt für sein Lebenswerk die "Goldene Sportpyramide" aus den Händen von Schwimmlegende Franziska van Almsick.

Nicht alle Auszeichnungen hat er behalten. Den Olympischen Orden des IOC, den man ihn 2006 verliehen hatte, gab er zehn Jahre später zurück. Er hielt die Entscheidung des IOC, das nach der Aufdeckung des Staatsdopings Russland nicht von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro ausschloss, für den bisher schwersten Schlag gegen die Integrität des Sports und die olympischen Prinzipien.

Hans Wilhelm Gäb, der weitsichtige Sportpolitiker, der weltoffene Gentleman mit dem großen Intellekt und den vielseitigen Interessen, der Meister der Diplomatie – er wird seine Leidenschaft Tischtennis nun in erster Linie aus der Ferne beobachten. Er widmet seiner Familie mehr Zeit, die ihn in all den Jahrzehnten erst als Spieler und Journalist, dann als Automobil-Manager und Sportfunktionär geduldig unterstützt und sein herausragendes Engagement begleitet hat: allen voran seine Ehefrau Hella und seine beiden Kinder Christiane und Wolfgang.

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