Neu-Isenburg. Werden wir irgendwann zur Jungs- und Männersportart? Die Zahlen sind alarmierend. Nur etwa 20 Prozent der gut 600.000 Mitglieder im DTTB sind weiblich, Tendenz fallend. Der Durchschnitt in den Olympischen Spitzenverbänden im DOSB beträgt 40 Prozent. Nur der Fußball schneidet mit circa 15 Prozent Mädchen- und Frauen-Anteil noch schlechter ab.
Gab es 1992 noch 6606 Damenteams, sind es in der Saison 2014/2015 nur noch 3462 Mannschaften, also knapp die Hälfte. Noch dramatischer sieht es bei den Mädchen aus: 2012 zählten wir 1332 Mädchenteams, aktuell sind es lediglich noch 959. Zugute halten muss man die Tatsache, dass es seit einigen Jahren gemischte Mannschaften gibt, in denen Mädchen ebenfalls aktiv sind. Derzeit liegt die Zahl der gemischten Mannschaften bei 1120. Rückgänge gibt es auch im Herrenbereich, allerdings auf einem anderen Niveau. 27.261 Herren- und 11.454 Jungenteams sind derzeit im Spielbetrieb zu finden. Gerade die Zahlen im weiblichen Jugendspielbetrieb verheißen leider nichts Gutes. Der Unterbau schrumpft massiv weg, was sich in Zukunft zusätzlich auf die Damen-Teams niederschlagen wird.
Hoffnungsschimmer sind vorhanden
Doch es gibt auch kleinere Hoffnungsschimmer. Nehmen wir die mini-Meistershaften: In der vergangenen mini-Saison waren 8178 Teilnehmer/innen acht Jahre und jünger. Über 3000 von ihnen sind weiblich, macht knapp 40 Prozent. Je älter die Kinder sind, desto mehr verschiebt sich der Anteil zu Gunsten der Jungs. Die Zahlen zeigen aber auch: Mädchen sind durchaus an der Sportart interessiert, zumindest bis zu einem gewissen Alter. Bei der Förderung von jungen ehrenamtlich engagierten Personen gibt es ebenfalls durchaus positive Zahlen. Die Quoten der weiblichen Teilnehmer bei den „Tagen des jungen Engagements“ liegen stets bei mindestens einem Drittel. Bei den Kinder- und Jugendtrainerausbildungen sind 38 Prozent der Teilnehmenden weiblich, den Bundesfreiwilligendienst absolvieren immer mehr jungen Frauen, und die Webseite www.young-stars.de (Engagement-Initiative des DTTB) besuchen zu knapp 50 Prozent weibliche Nutzer. Diese Potenziale gilt es zu nutzen. „Wir müssen das Thema in die Köpfe der Verantwortlichen bekommen“, sagt Arne Klindt, Vizepräsident Sportentwicklung im DTTB, „und das Bewusstsein dafür wecken, dass es sich lohnt, um die Mädchen und Frauen zu werben.“
Serie zur Mädchen- und Frauenförderung
Immer weniger Mädchen und Frauen spielen Tischtennis. Nur 20 Prozent beträgt der weibliche Anteil im DTTB, auch wenn es in Vereinen und Verbänden durchaus viele Positiv-Beispiele gibt. Dennoch sind die Zahlen rückläufig. Wie kann die Tischtennis-Gemeinde gemeinsam den Trend umkehren? Was kann man von Clubs lernen, in denen es besser läuft und welche Faktoren begünstigen die Mädchen- und Frauenförderung? Solchen und ähnlichen Fragen sind wir nachgegangen, die Arbeitsgruppe „Mädchen und Frauen“ im DTTB hat Standards für Vereine und Verbände entwickelt, welche von Präsidium und Beirat beschlossen wurden. Über zwei Wochen lang präsentieren wir Ihnen täglich Hintergrundinfos, Geschichten und Interviews zu dem Thema.
Teil 1: Rückläufige Zahlen, aber leichte Hoffnungsschimmer
Teil 2: Interview: „Wenn die Atmosphäre nicht stimmt, kann man Mädchen nicht halten“
Teil 3: 40 Jahre Damen-Bundesliga - ein Rückblick in drei Akten (I)
Teil 4: Mein Tischtennis-Leben: Nina Spalckhaver (18) aus Lübeck trainiert Flüchtlingskinder
Teil 5: Fünf Fragen - fünf Antworten
Teil 6: 40 Jahre Damen-Bundesliga - ein Rückblick in drei Akten (II)
Teil 7: Mein Tischtennis-Leben: Nachwuchstrainerin Nathalie Schröter vom TSV Butzbach
Teil 8: Mädchen-Training: Anregungen und Tipps
Teil 9: 40 Jahre Damen-Bundesliga - ein Rückblick in drei Akten (II)
Teil 10: Bundesweites Damen-Turnier mit Kennenlernen und Kinderbetreuung: BW Datteln macht's vor
Teil 11: Spielerische Wettkampfformen für Mädchen
Teil 12: Anja Gersdorf: Der Traum vom Highlight Olympia und kreativen Ideen
Teil 13: Interview mit Dr. Petra Tzschoppe: Frauen als Schlüssel zur Problemlösung für Vereine
Teil 14: Interview Eva Jeler: Über Selbstbewusstsein, Souveränität und Investitionen
Teil 15: Wiebke Julius: Sportreferentin, Demokratietrainerin, Tischtennisspielerin
Teil 16: Der "Perfekte Mädchentrainer"
Teil 18: Best Practice: Es geht auch anders!
Standards zur Mädchen- und Frauenförderung für Vereine und Verbände
Was können Vereine und Verbände tun, damit sich das ändert? Der Deutsche Tischtennis-Bund hat in seiner Arbeitsgruppe zur Mädchen- und Frauenförderung Standards für Verbände und Vereine entwickelt. Darin heißt es unter anderem, dass ein Verein „grundsätzlich geschlechtergerechte Zugangsvoraussetzungen schafft“, „die Möglichkeit des weiblichen Spielbetriebs forciert“ oder eine „Trainerin hat“.
In der Präambel der Standards für Verbände heißt es: "Ziel der Mädchen- und Frauenförderung des DTTB und seiner Landesverbände ist die gleichberechtigte und selbstverständliche Teilhabe von Mädchen und Frauen im Tischtennis..." Unter anderem soll bei der Planung von Maßnahmen, Lehrgängen und Veranstaltungen für beide Geschlechter darauf geachtet werden, dass der Anteil der weiblichen Teilnehmenden bei mindestens 30 Prozent liegt.
Standards zur Mädchen- und Frauenförderung im Tischtennis für Vereine und Verbände
Standards für die Mädchen- und Frauenförderung in Vereinen (pdf-Datei)
Standards für die Mädchen- und Frauenförderung in Verbänden (pdf-Datei)