Kuala Lumpur. Es war eine vor allem kampfbetonte Partie in der zweiten Spielhalle der Team-WM in Kuala Lumpur, eiskalt und zugig klimatisiert, durch die sich Deutschlands Herren zum Auftakt ihrer undankbaren Schlussaufgabe, der Platzierungsspiele um die Ränge 13 bis 20, bissen. Am Ende gab es ein 3:1 über Italien, das das um Timo Boll und Ruwen Filus dezimierte verbliebene Trio von Bundestrainer Jörg Roßkopf vor allem Bastian Steger zu verdanken hatte. Der zweifache Team-WM-Zweite gewann beide Einzel. Gleich in Match Nummer eins hatte Patrick Franziska gewackelt, rettete sich gegen die Nummer 120 der Weltrangliste, Niagol Stoyanov, nach 1:2-Satzrückstand noch in Durchgang fünf, den er mit 11:9 gewann, ehe Steger klar mit 3:0 gegen Bobocica ausglich. An Position drei unterlag Steffen Mengel dem im Ranking auf Rang 222 geführten Marco Rech Daldosso im Entscheidungssatz, ehe Bastian Steger, ebenfalls mit einem Kraftakt in fünf Sätzen, gegen Stoyanov den Schlusspunkt setzte.
Bundestrainer Jörg Roßkopf zeigte sich nach der spannenden Partie überhaupt nicht darüber verwundert, dass das Duell mit Italien um ein Haar ein fünftes und entscheidendes Einzel gesehen hätte: "Das mir von vornherein klar, dass es ein ganz schweres Spiel wird. Italien hat eine gute Mannschaft und mit Bobocica und zuletzt auch mit Stoyanov zwei Spieler, die sich sehr gut entwickelt haben." Sportdirektor Richard Prause ergänzte: "Wie die Ergebnisse bei dieser WM hier eindrucksvoll unterstreichen, gibt es in Europa einige Mannschaften, die auf Augenhöhe miteinander sind, wenn auch mit marginalen Abstufungen. Aber die Unterschiede sind eben sehr gering, deshalb hängt es manchmal nur an sehr kleinen Dingen oder an der Tagesform. Auch Italien gehört zum Kreis dieser Teams."
Am Samstag letztes DTTB-Spiel gegen die Ukraine
Das Trostrunden-Halbfinale gegen die Ukraine ist am Samstag um 9:30 Uhr deutscher Zeit. Die Osteuropäer setzten sich am Freitagnachmittag gegen Taiwan durch. Ein Endspiel gibt es nicht, beide Finalisten werden in der Endabrechnung der Titelkämpfe von Kuala Lumpur als 13ste gewertet. Bundestrainer Jörg Roßkopf: "Die Ukraine ist stark. Das wird alles andere als ein Spaziergang. Aber wir werden alles versuchen, um die WM mit einem Sieg zu beenden."
Nach dem verletzt zu Hause gebliebenen Weltranglistenfünften Dimitrij Ovtcharov und dem erkälteten Rekord-Europameister Timo Boll konnte auch Ruwen Filus seiner Mannschaft nicht mehr beistehen. Der dreifache EM-Viertelfinalist im Einzel ist nach Absprache mit Team und Trainern vorzeitig aus Malaysia abgereist, um bei seiner kürzlich operierten Tochter und seiner Frau sein zu können. Boll, der seine Abreise auf Samstag verschoben hatte, saß gegen Italien zu Beginn auf der Bank, um seine Teamkollegen zu unterstützen. Die Nebenhalle war jedoch derart eisgekühlt, das Boll nach 30 Minuten ins Hotel zurückkehrte, um einen Rückfall zu vermeiden.
Deutschland - Italien 3:1
Patrick Franziska - Niagol Stoyanov 3:2 (9,-10,-9,9,9)
Bastian Steger - Mihai Bobocica 3:0 (8,13,9)
Steffen Mengel - Marco Rech Daldosso 2:3 (-7,-16,7,11,-7)
Steger - Stoyanov 3:2 (-7,9,6,-7,7)
WM-Hauptrunde: England im Siegesrausch, Portugal, Schweden und Frankreich draußen
England ist nun total aus dem Häuschen. Nach dem bereits historischen Einzug ins Viertelfinale gab es dort einen Sieg über Frankreich. Die Partie war in der Endphase an Dramatik nicht zu überbieten. Im fünften Spiel im Entscheidungssatz lag Paul Drinkhall bereits mit 10:6 in Führung, vergab jedoch vier Matchbälle gegen Emmanuel Lebesson und hatte bei 10:11 auf einmal gegen sich. Doch der Brite riss die Partie unerschrocken doch noch an sich, gewann mit 13:11. Wie es Drinkhalls vor Freude in die Luft geworfenen und nicht mehr aufgefangenen Schläger geht, ist bisher nicht überliefert. Im Halbfinale geht's gegen Japan, das Hongkong mit 3:1 in Schach hielt.
Für die bereits gegen Deutschland in der Vorrundengruppe erfolgreichen Engländer waren es in Malaysia schon zuvor "Feier"tage: Das letzte Mal, das die Erfinder des Tischtennissports ein WM-Viertelfinale erreicht hatten, war 1993 in Tokio. Damals gehörten Desmond Douglas, John Hilton und der 15-jährige Carl Prean zum Aufgebot. "Selbst ich war damals noch zu jung fürs Nationalteam", scherzte Ex-Nationalspieler und Englands heutiger Coach Alan Cooke.
Die Medaillenträume des Europameisters von 2014 sind endgültig geplatzt. Nach Niederlagen gegen Japan und überraschend auch Polen und nur Platz drei in der Gruppe hatte sich Portugal mit einem 3:0 über Nordkorea im Achtelfinale zurück- und Edelmetall-Ansprüche angemeldet. Wie viel knapper sich die Partie gestaltete, als das 3:1 gegen Südkorea im Viertelfinale klingt, in dem Abwehr-Altmeister Joo Saehyuk zwei Einzelsiege holte, zeigt ein Blick auf die Punkte: nur 158:179 aus Sicht der Portugiesen.
Zum Live-Streaming England gegen Frankreich an Tisch 1
In der oberen Hälfte des Tableaus unterlagen die Schweden Topfavorit China mit 0:3. Den Skandinaviern, zweitplatziert in Deutschlands Vorrundengruppe, gelang gegen den Titelverteidiger in der Aufstellung Ma Long, Fan Zhendong, Xu Xin nicht ein Satzgewinn.
Herren-Mannschaft, Achtelfinale
Kroatien - Schweden 0:3
Nordkorea - Portugal 0:3
Österreich - Hongkong 1:3
Polen - England 2:3
Viertelfinale
China - Schweden 3:0
Südkorea - Portugal 3:1
Japan - Hongkong 3:1
Frankreich - England 2:3
Halbfinale
China - Südkorea, 6 Uhr deutscher Zeit
Japan - England, 12:30 Uhr
Finale am Sonntag um 12:30 Uhr
Spiele um die Ränge 13-24, Achtelfinale Donnerstag
Malaysia - Taiwan 0:3
Weißrussland - Italien 0:3
Singapur - Dänemark 1:3
Rumänien - Griechenland 3:2
Spiele um die Ränge 13-20 am Freitag
Deutschland - Italien 3:1
Ukraine - Taiwan 3:2
Russland - Dänemark 3:2
Tschechien - Rumänien 3:0
Halbfinale am Samstag um 9:30 Uhr
Ukraine - Deutschland
Tschechien - Russland
Video des WM-Viertelfinals Frankreich gegen England: Emmanuel Lebesson - Liam Pitchford