Moskau. "Warum soll ausgerechnet ich über das Essen reden?", fragt Sabine Winter mit deutlichem Vorwurf in der Stimme. "Weil ich so fett bin?" Ganz eindeutig ist dies das große Problem der austrainierten 17-Jährigen, die auf allen Distanzen die schnellste Läuferin der DTTB-Damen ist. Die sich auf dem Surfbrett ebenso wohl fühlt wie auf der Slackline und für jedes Fußballteam eine echte Verstärkung ist. Diejenige, die beim Fototermin neulich Liegestütze demonstrierte, als der Fotograf um eine "freie Pose" bat. Genau sie berichtet über das Essen bei der WM und anderswo.
Sabine Winter formuliert es diplomatisch: „Die Äpfel sind hier nicht schlecht“, sagt sie über die Verpflegung bei ihrem Weltmeisterschaftsdebüt in Moskau. Dann wird sie zumindest ein bisschen konkreter: „Ich habe schon mal Besseres gegessen. Besonders abwechslungsreich ist es auch nicht.“
Das Essen bei Großveranstaltung ist immer ein kritischer Punkt. Die Geschmäcker und Ansprüche der Aktiven, Trainer und Offiziellen aus 150 Nationen sind verschieden. Doch in diesem Fall ist sich zumindest das deutsche Team einig. Für den guten Geschmack müssen die Athleten im Spielerhotel „Kosmos“ bei der WM in Moskau selbst sorgen. Vor der Partie der Damen gegen Spanien ging es erstmals in die kleine Pizzeria im Foyer der Hotelanlage. Diese Maßnahme war eher ein Zwang, denn zwischen 16 und 18 Uhr gibt es für die WM-Teilnehmer kein offizielles Essen. Da müssen die beiden großen Speisesäle für den Abend vorbereitet werden. Wer etwas essen möchte, muss sich anders behelfen: mit Nudeln und Pizza zum Beispiel. Sabine Winter wählte übrigens Spaghetti Bolognese aus.
Auf ihr absolutes Lieblingsgericht muss sie in diesen Tagen verzichten: den Sauerbraten mit Nudeln und Blaukraut à la Mama. „Der ist unglaublich gut“, schwärmt sie. Und wenn es in Moskau Sauerbraten gäbe? Würde sie ihn probieren, wenn dieser doch nur schlechter sein könne als der daheim? „Klar würde ich ihn probieren. Er kann dann natürlich nicht unglaublich, aber immer noch ganz gut sein.“ Ob Sauerbraten als empfehlenswerte Sportlernahrung gilt, ist noch nicht ganz sicher: Auf die Auswertung der Ernährungsberatung wartet der Jungprofi noch.
Was fehlt: "ein richtig guter Salat"
Für die WM hat sie auch Süßigkeiten im Gepäck: Milka-Schokolade Joghurt, Lindt Vollmilch und Gummibärchen sind darunter. Die WM ist lang, im Übermaß esse sie ohnehin nichts Süßes. Vorlieben vor dem Spiel hat sie nicht. „Ich esse dann, worauf ich Lust habe, esse mich aber nicht total satt“, sagt sie. „Nur so viel, damit ich Energie und Kraft für das Spiel habe.“ Hunger während des Spiels sei bei ihr selten. Wenn, dann wird dieser mit einer Banane gestillt.
Wenn sie sich in Moskau in der Teilnehmerverpflegung ein Gericht wünschen könnte, wäre es heute Abend „ein richtig guter Salat“. Tomaten, Gurken, Eissalat, Feldsalat, ein bisschen Thunfisch und Ei. Dazu Essig-Öl-Dressing. Das Büffet sieht allerdings anderes vor. Trotzdem: Sabine ist Schlimmeres gewöhnt als das Moskau-Menü. „Bei den Jugendturnieren ist es oft noch viel schlechter. Bei bisher allen Damen- und Herren-Turnieren, bei denen ich war, war es immer besser.“ Beim Pro-Tour-Turnier in Katar etwa sei die Auswahl am größten gewesen in dem Hotel der oberen Kategorie. Noch ein Grund mehr also, sich auch zukünftig für die Damen-Nationalmannschaft zu empfehlen.
Liebe(s)Grüße aus Moskau: Die WM-Kolumne des deutschen Damen-Teams
Das DTTB-Quartett gewährt den Fans bis zum Schlusstag Blicke hinter die Kulissen der 50. Mannschaftsweltmeisterschaften in Moskau. Im Wechsel erzählen Elke Schall, Kristin Silbereisen, Sabine Winter und Wu Jiaduo von ihren Erlebnissen beim sportlichen Jahreshöhepunkt in Russlands Hauptstadt.
Wer sich über den Titel wundert - immerhin ist er von 1963: "Liebesgrüße aus Moskau" ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Ian Fleming, der zweite Film der James-Bond-Reihe.