Anzeige
Trifft nun auf Seiya Kishikawa: Dimitrij Ovtcharov (Foto: MS)

Dimitrij Ovtcharov: Mit Akribie in Runde drei

SH 11.05.2011

Rotterdam. "Dimitrij überlässt nichts dem Zufall", sagt Bundestrainer Jörg Roßkopf. Kaum jemand bereitet sich so intensiv auf seinen nächsten Gegner vor wie die 22-jährige Nummer 15 der Weltrangliste. So konnte auch der Österreichischer Stefan Fegerl ihn in Runde zwei nicht überraschen. Neben Ovtcharov stehen vier weitere DTTB-Herren in der Runde der besten 32. Wu Jiaduo ist ihnen bei den Damen einen Schritt voraus.

8.48 Uhr. Dimitrij Ovtcharov sitzt im Mannschaftshotel der deutschen Delegation am Frühstückstisch und löffelt einen Suppenteller voll Müsli. Sein Blick ist aber nicht auf das Essen gerichtet, sondern auf sein iPhone. Über die Video-Plattform YouTube verfolgt der Weltranglisten-15. eine Partie des Champions-League-Spiels zwischen Borussia Düsseldorf und Niederösterreich, das Match seines Nationalteamkollegen Christian Süß gegen Stefan Fegerl aus Österreich. Fegerl ist Ovtcharovs Gegner in der zweiten Runde der Weltmeisterschaften in Rotterdam, eine Videoanalyse – durch den Spieler selbst oder seinen Betreuer – gehört zum Standardprogramm der Profis. So akribisch wie Ovtcharov ist in der Spielvorbereitung allerdings kaum jemand.

„Er sieht sich viele Spiele vorher an und spricht mit vielen Leuten über seinen Gegner, um sich Tipps zu holen“, erzählt Bundestrainer Jörg Roßkopf. Dimitrij Ovtcharov blickt kurz vom kleinen Bildschirm auf. „Er legt fast alles kurz, oder?“, sagt er halb fragend, halb wissend. Die Kommentare seiner Kollegen an diesem Morgen sind allerdings nicht besonders ernst zu nehmen. Fegerl hat zwar viele gute Spiele in den vergangenen Monaten gezeigt, gegen die Deutschen in diesem Jahr aber verloren, gegen Süß (jeweils 0:3 im Hin- und Rückspiel im Champions-League-Halbfinale) und auch gegen Jung-Nationalspieler Patrick Franziska (0:3 in der JOOLA European Nations League). „Wir haben nicht nur gegen ihn gewonnen, wir haben ihn dominiert“, fordert Süß Ovtcharov mit einem Lachen heraus.

YouTube-Zusammenschnitte: „Da denkst du, du hättest jedes Mal ein riesen Spiel gemacht“

Roßkopf, Süß, Ruwen Filus und DTTB-Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb versuchen, ihn auf andere Gedanken zu bringen, zum Beispiel reden diese Fern- und Vielfahrer in Sachen Sport über die jeweiligen Punktekonten in Flensburg – die sie haben oder eben auch nicht. Die Anlage zur Geschwindigkeitskontrolle an der Talbrücke Lämershagen auf der A2 Richtung Hannover kommt zur Sprache, mit der die Stadt Bielefeld innerhalb des ersten Jahres nach Inebtriebnahme über neun Millionen Euro an Strafgebühren einnahm. Allerdings ohne auch nur einen einzigen Euro von Dimitrij Ovtcharov, der seine Hausstrecke zwischen Düsseldorf und Hameln genau kennt.

„Wenn ich gleich deine Leistung in der Champions League gegen Fegerl bringen würde, wäre ich schon zufrieden“, nimmt Ovtcharov das Dienstgespräch mit Süß wieder auf, während er an einem Muffin zupft, den Blick wieder gebannt auf das Smartphone. „Ach“, beruhigt ihn Süß. „Die schneiden für YouTube immer die besten Bälle zusammen. Da denkst du, du hättest jedes Mal ein riesen Spiel gemacht.“

Nichts dem Zufall überlassen – und gegen Fegerl 4:1 gewinnen

Was die Intensität seiner Video-Studien betrifft, wiegelt „Dima“ ab. Mehr als die fünf Minuten beim Frühstück seien es nicht gewesen. Schließlich habe er am Abend davor nicht geguckt. Trotzdem: Dimitrij Ovtcharov überlasse nichts dem Zufall, sagt Jörg Roßkopf. Er studiert persönlich seine Gegner, dreht vor dem Spiel selbst die Bälle aus. Und er hat bestimmte Rituale. Zum Abschluss jeder Trainingseinheit übt er Aufschläge. In Ermangelung eines Balleimers in der WM-Trainingshalle hat er in diesen Tagen eine blaue Plastiktüte mit einigen Bällen der Weltmeisterschaftshausmarke dabei. Gegen Stefan Fegerl am Nachmittag zahlt sich die Vorbereitung aus. Wieder einmal. Wie so oft, denn nicht umsonst hat es Ovtcharov dauerhaft unter die Top 20 der Welt gebracht. Bei normalem Turnierverlauf wird er sich auf dieser Position auch den zweiten Olympia-Direktstartplatz hinter Timo Boll sichern.

Der Österreicher, Fegerl, konnte dem 22-jährigen Hamelner nur im ersten Durchgang etwas entgegen setzen. Ovtcharov hatte eine 10:7-Führung nicht nutzen können und musste in der Verlängerung mehrere Satzbälle abwehren. Nach dem 19:17 wurde es dann eine klare Angelegenheit, auch wenn Satz vier verloren ging. „Der erste Satz war extrem entscheidend, danach hatte ich ihn gebrochen“, ist Dimitrij Ovtcharov sicher. „Wenn er den ersten Satz gewinnt, dann kann es knapp werden, weil er dann jede Menge Selbstvertrauen hat.“

Ovtcharov ist klug, witzig, der Mann für die unterhaltsamen Sprüche in der Mannschaft. Aber er ist hoch konzentriert, wenn es darauf ankommt. Das wird spätestens morgen wieder so sein. Sein nächster Gegner ist der Japaner Seiya Kishikawa. Am Freitag dann könnte es das Duell mit Timo Boll geben.

Fünf deutsche Herren in der dritten Runde

Außer Ruwen Filus, der mit dem Chinesen Wang Liqin das schwerste Los erwischt hatte, schafften es insgesamt fünf DTTB-Herren in die Runde der besten 32. Neben Ovtcharov waren es Timo Boll, der gegen Yang Zi aus Singapur erneut eine glänzende Leistung zeigte, Patrick Baum (4:1 gegen Zoran Primorac aus Kroatien), Bastian Steger (4:1 gegen Seo Hyun Deok aus Südkorea) und Zoltan Fejer-Konnerth, der gegen den 43 Plätze über ihm rangierenden Adrian Crisan aus Rumänien brillierte und mit 4:2 gewann. Als einziger aus dem deutschen Herren-Aufgebot spielt Steger sein Drittrunden-Match schon am Abend. Um 19 Uhr trifft er auf Leung Chu Yan aus Hongkong, der den Weltranglisten-14., Chuang Chih-Yuan aus Taiwan, aus dem Rennen warf. Um 20.30 Uhr steht für das Duo Baum/Steger zudem das Achtelfinale gegen die Japaner Kenta Matsudaira/Koki Niwa an.

Tunnelblick - Timo Boll ist in Rotterdam auf Erfolg fokussiertBoll "sehr zufrieden"

„Ich bin sehr zufrieden, ich spiele gut und habe mich gut bewegt“, lautete Timo Bolls Analyse nach dem 4:0 über Yang Zi. „Vom Gefühl her war es besser als gestern. Matsudaira spielt vom ersten Ball an mit hohem Risiko, da fühlt man sich nie so richtig wohl. Gegen Yang Zi gab es wenigstens ein paar längere Ballwechsel.“ Er werde sich in der nächsten Runde gegen Robert Svensson auf seiner heutigen Leistung nicht ausruhen. Der Schwede ist als guter Aufschläger bekannt, seine Topspins sind schwer zu kontrollieren. „Nur wenn ich aggressiv spiele und ihn unter Druck setze, kann ich gewinnen“, so Boll. Er freue sich, sollte beide gewinnen, auf ein Achtelfinale gegen Dimitrij Ovtcharov. „Dann hätten wir nämlich auf jeden Fall einen Deutschen im Viertelfinale.“

Wu Jiaduo geht ohne Druck in ihr erstes WM-Achtelfinale am Donnerstag

Die Ergebnisse der Deutschen am Mittwoch und kommenden Spiele

Damen-Einzel, 2. Runde (64)

Zhenqi Barthel - Wu Yang CHN 2:4 (-12,3,9,-5,-7,-6)

Wu Jiaduo - Song Ma Eum KOR 4:0 (10,7,3,6)

3. Runde (32)

Wu - Li Qiangbing AUT 4:2 (2,4,-7,7,-12,4)

Achtelfinale am Donnerstag

Wu - Guo Yue CHN, 16 Uhr

Herren-Einzel, 2. Runde (64)

Zoltan Fejer-Konnerth - Adrian Crisan 4:2 (5,9,11,-3,-6,10)

Bastian Steger - Seo Hyun Deok KOR 4:1 (9,-8,7,9,7)

Patrick Baum - Zoran Primorac HRV 4:1 (5,-4,10,9,9)

Ruwen Filus - Wang Liqin CHN 0:4 (-14,-6,-12,-5)

Dimitrij Ovtcharov - Stefan Fegerl AUT 4:1 (17,5,4,-9,4)

Timo Boll - Yang Zi SIN 4:0 (7,8,3,5)

3. Runde (32) ab 17.30 Uhr sowie am Donnerstag ab 13 Uhr

Steger - Leung Chu Yan HKG, 19 Uhr

Fejer-Konnerth - Jun Mizutani JPN, Donnerstag, 13 Uhr

Baum - Joo Se Hyuk KOR, 13 Uhr

Ovtcharov - Seiya Kishikawa JPN, 13.45

Boll - Robert Svensson SWE, 13.45 Uhr

Herren-Doppel, Achtelfinale

Patrick Baum/Bastian Steger - Kenta Matsudaira/Koki Niwa JPN, 20.30 Uhr

Viertelfinale am Donnerstag um 15.15 Uhr

 

Aktuelle WM-Videos

WM-Podcast

Kontakt

Deutscher Tischtennis-Bund
Hauptsponsoren
weitere Artikel aus der Rubrik
Tischtennis-WM 2011 Rotterdam 27.05.2011

Rotterdam setzt neue Standards auch bei den TV-Quoten

Gute Nachrichten für den internationalen Tischtennissport: Das Herren-Einzel-Finale bei den Weltmeisterschaften zwischen Zhang Jike und Wang Hao war das am meisten gesehene Sportereignis in diesem Jahr in China. Und in der Rangliste der Websites internationaler Sportverbände hat es die ITTF auf Platz zwei geschafft hinter dem Fußball-Weltverband.
weiterlesen...
Tischtennis-WM 2011 Rotterdam 25.05.2011

Deutsche Fans in Rotterdam: Decker-Zwillinge Gitta und Katja fieberten mit Timo Boll & Co.

Im Mittelpunkt zu stehen lieben sie nicht. Dennoch können Gitta und Katja Decker Aufmerksamkeit bis zu einem gewissen Grad nicht vermeiden. Vor allem dann nicht, wenn die Schwestern im Doppelpack auftreten, so wie bei den Weltmeisterschaften in Rotterdam, denn Zwillinge sind Ausnahmeerscheinungen in internationalen Tischtennis-Arenen. Die Lüneburgerinnen zählten in den Niederlanden zu jenen deutschen Fans, die Timo Bolls historischen Bronzemedaillengewinn vom Anfang bis zu Ende miterlebten.
weiterlesen...
Tischtennis-WM 2011 Rotterdam 23.05.2011

ETTU-Kongress: EM-Qualifikation ersetzt JOOLA European Nations League

Für gewöhnlich kommen bei großen internationalen Meisterschaften auch stets die Vertreter der nationalen Verbände zusammen. So auch in Rotterdam. Am Rande der Weltmeisterschaften standen auf dem außerordentlichen ETTU-Kongress wie auf dem Annual General Meeting des Weltverbandes ITTF wichtige sportpolitische Entscheidungen an. Der Deutsche Tischtennis-Bund informierte zudem über den aktuellen Stand der Vorbereitungen der LIEBHERR Mannschafts-WM 2012 in Dortmund.
weiterlesen...
Tischtennis-WM 2011 Rotterdam 19.05.2011

Racketcontroller Dr. Torsten Küneth : 1000-fache Millimeterarbeit und ein Duell mit Schlager

Der Weilheimer Dr. Torsten Küneth war bei den Weltmeisterschaften in Rotterdam im Dauereinsatz. Als von der ITTF lizenzierter Racket Controller leistete Küneth rund tausendmal Millimeterarbeit und entspannte sich in der Freizeit bei einem Duell mit dem Österreicher Schlager.
weiterlesen...
Tischtennis-WM 2011 Rotterdam 19.05.2011

Nächster Halt: Dortmund

Die Weltmeisterschaften von Rotterdam sind Geschichte und mit der Bronzemedaille von Timo Boll werden sie aus schwarz-rot-goldener Sicht stets in guter Erinnerung bleiben. Doch nach der Medaille ist vor der Medaille und bis zur LIEBHERR Mannschafts-WM 2012 in Dortmund (25. März ? 01. April) ist es nicht einmal mehr ein Jahr. Auch in den Westfalenhallen zählen Timo Boll, Christian Süß und Kollegen zu den Anwärtern auf Edelmetall. Für Bundestrainer Jörg Roßkopf eine Rückkehr an einen ganz besonderen Ort.
weiterlesen...
Tischtennis-WM 2011 Rotterdam 17.05.2011

WM-Rap der chinesischen Weltmeister

Das mögliche Geheimnis ihres Erfolgs könnte nun etwas mehr gelüftet sein: Chinas Asse haben vor der für sie so erfolgreichen WM in Rotterdam nicht nur ihre Körper trainiert, sondern auch ihre Stimmen.
weiterlesen...
© Deutscher Tischtennis-Bund e.V. - DTTB - Alle Rechte vorbehalten

Datenschutz | Impressum