Moskau. Die erste Sensation der 50. Mannschaftsweltmeisterschaften in Moskau ist perfekt, ausgelöst von den deutschen Damen. Die Auswahl des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) besiegte im Viertelfinale den hohen Favoriten Hongkong mit 3:1 und hat damit die Bronzemedaille sicher. Platz drei wird bei der WM nicht ausgespielt. Es ist das erste Edelmetall für ein deutsches Damen-Team seit 1997. Damals erreichte die Mannschaft, zu der auch zu dieser Zeit schon Elke Schall (Essen-Holsterhausen) gehörte, im englischen Manchester Platz drei. Der Gegner im morgigen Halbfinale (8 oder 17.30 Uhr deutscher Zeit) ist wie im Topspiel der Vorrunde Singapur.
„Angst machen“ wollte das Quartett dem WM-Dritten von Guangzhou 2008. Das und am Ende noch viel mehr schafften Wu Jiaduo (Kroppach), Kristin Silbereisen (Busenbach) und Sabine Winter (Schwabhausen) ab dem ersten Einzel. Die 25-jährige Deutsche Einzel-Meisterin, Silbereisen, zwang die Weltranglistenneunte Jiang Huajun im ersten Aufeinandertreffen der beiden in den fünften Satz und unterlag nur knapp. Europameisterin Wu besiegte die World-Cup-Zweite von 2008, Tie Yana, nach verlorenem ersten Durchgang mit 3:1 und gewann auch das Duell der Topspielerinnen gegen Jiang. Das Team konnte im vierten Satz sogar die rote Karte für Bundestrainer Jörg Bitzigeio bei 5:4 kompensieren, der daraufhin seinen Platz an der Box verlassen musste. In der Auszeit beim Stand von 7:8 berieten sie ihre Teamkolleginnen Elke Schall (Bitzigeio: "Da merkt man eben, dass Elke die Trainer-A-Lizenz hat.") und Kristin Silbereisen. Die 32-jährige Nummer 22 der Welt wehrte zwei Satzbälle beim Stand von 8:10 ab und nutzte ihren zweiten Matchball zum 13:11.
Die WM-Debütantin im deutschen Aufgebot hatte auf Position drei zwischenzeitlich die mitgereisten deutschen Fans dazu gebracht, lautstark „Sa-bi-ne, Sa-bi-ne“ zu skandieren. Die 17-jährige Zweitligaakteurin und Deutsche Doppel-Meisterin rang die um 14 Jahre erfahrenere Nummer 66 der Welt, Zhang Rui, nieder. Dabei überzeugte Winter durch ihr unbekümmertes Auftreten in dieser Schlüsselpartie und ihrem kompromisslosen Angriffspiel. Sie erzielte mit ihren gefährlich variablen Aufschlägen mehrere direkte Punkte und brachte mit den „schnellsten Beinen des Damenteams“ ihre stärkste Waffe, den Vorhand-Topspin, aus allen Lagen zu Geltung.
"Das ist natürlich ein sensationelles Ergebnis. Die Damen-Mannschaft hat sich bei dieser WM riesig präsentiert", kommentierte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. "Wir haben uns nicht nur Chancen erspielt, sondern diese Chancen auch genutzt. Dass wir nicht nur nach der Medaille gegriffen, sondern sie jetzt auch sicher haben, ist ein traumhaftes Ergebnis. Wir hoffen, dass unsere Herren das gleich in ihrem Viertelfinale wiederholen. Beide Mannschaften auf dem Podium, das wäre ein gigantisches Ergebnis." Ab 17.30 Uhr geht es für die DTTB-Herren um die Medaillenränge. Gegner ist Gastgeber Russland.
Damen-Viertelfinale
Deutschland - Hongkong 3:1
Kristin Silbereisen - Jiang Huajun 2:3 (-7,5,-1,6,-8)
Wu Jiaduo - Tie Yana 3:1 (-6,8,11,8)
Sabine Winter - Zhang Rui 3:1 (-5,9,-7,8,9)
Wu - Jiang 3:1 (7,-6,9,11)
Singapur - Ungarn 3:0
Japan - Südkorea, 14.30 Uhr
China - Niederlande, 17.30 Uhr
Das deutsche Damen-Team in Moskau
Spielerinnen
Wu Jiaduo (FSV Kroppach), 32 Jahre, Weltrangliste: 22
WM-Teilnahmen: 2006, 2007, 2008, 2009
Kristin Silbereisen (TV Busenbach), 25 Jahre, Weltrangliste: 48
WM-Teilnahmen: 2005, 2006, 2007, 2009
Elke Schall (DJK TuS Essen-Holsterhausen), 36 Jahre, Weltrangliste: 50
WM-Teilnahmen: 1991, 1993, 1995, 1997, 1999, 2000, 2001, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009
Sabine Winter (TSV Schwabhausen), 17 Jahre, Weltrangliste: 101
WM-Teilnahmen: -
Betreuer: Dirk Schimmelpfennig (Sportdirektor), Jörg Bitzigeio (Damen-Bundestrainer), Eva Jeler (Mädchen-Bundestrainerin und Nachwuchskoordinatorin), Dr. Sabine Arentz (Mannschaftsärztin, Sportmedizinisches Institut in Frankfurt/Main), Annette Zischka (Physiotherapeutin, Olympiastützpunkt Hessen in Frankfurt/Main), Dr. Thorsten Weidig (Sportpsychologe, Uni Bochum)