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Pure Athletik: Wang Hao (Foto: MS)

Wang Hao: In Magdeburg auf Kurs für London 2012

SH 25.10.2010

Magdeburg. Etwas unnahbar wirkt er meist, sobald er eine Wettkampfhalle betritt. In solchen Momenten erkennen zumindest Europäer den Zusammenhang mit seinem Spitznamen nur schwer: „Le Le“ wird Wang Hao in China genannt, was „Freude“ oder „Glück“ heißt. Geht es um Tischtennis, denkt man bei ihm eher an Konzentration und Kraft – und an Erfolg. Der 26-jährige Chinese ist amtierender Einzelweltmeister und als solcher einer der Topfavoriten auf den Titel beim LIEBHERR Men’s World Cup in Magdeburg am Wochenende zusammen mit seinem Landsmann, dem Weltranglistendritten Zhang Jike, und Timo Boll.

Zweimal hat Wang Hao den World Cup bisher gewonnen, so oft wie Boll: 2008 und 2007. Sieben WM-Titel in Einzel, Doppel und mit der Mannschaft hat er bisher gesammelt. Für den Eintrag in die chinesischen Geschichtsbücher fehlt aber noch ein ganz großer Titel: der Olympiasieg im Einzel. Zweimal war Wang ganz dicht dran. 2004 und 2008 stand er jeweils im Finale. In Athen verlor er gegen den damaligen Weltranglistendritten, Ryu Seung Min aus Südkorea, der dort das Turnier seines Lebens spielte. Sechs direkte Vergleiche hatte es zuvor gegeben. Fünf hatte Wang Hao gewonnen. „Bis heute waren die Chinesen unschlagbar“, kommentierte Ryu nach seinem Sieg. „Ausgerechnet heute“, wird sich Wang Hao gedacht haben.

Mit 15 im Nationalteam

Wang Hao besiegt: Im World-Cup-Finale 2005 triumphierte Boll (Foto: MS)2008 in Peking folgte die zweite Olympia-Endspielniederlage, diesmal gegen Wangs Nationalteamkollegen Ma Lin. Den spielerisch eigentlich kompletteren Wang Hao beherrschte Ma Lin vor allem, weil er mit dem Druck besser zurecht kam. Dem Druck der Olympischen Spiele, dem Druck des Finals, dem Druck der Spiele im eigenen Land, dem Land, in dem Tischtennis die Sportart Nummer eins ist. Als sei das noch nicht genug, hatte Herren-Cheftrainer Liu Guoliang zuvor auch noch befunden: „Wenn ein Spieler alles gewonnen hat, bis auf den olympischen Titel, dann ist er immer noch ein gewöhnlicher Athlet. Wenn ein Spieler keinen anderen nennenswerten Erfolg errungen hat, aber das olympische Gold, dann ist er ein grandioser Athlet.“ Ein gewöhnlicher Athlet – das hört niemand gern, schon gar nicht vom eigenen Vorbild. In keiner anderen Tischtennisnation der Welt hätte ein Cheftrainer dieses Urteil gesprochen, in China aber gelten andere Maßstäbe. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es diese Vielzahl von Topspielern; chinesische Probleme im Tischtennis werden im Ausland meist als Luxusprobleme betrachtet.

Im Alter von neun Jahren hat Wang Hao, der in Changchun geboren wurde, in der Provinz Jilin, seine ersten Wettkämpfe gespielt. 1998 wurde er Mitglied der Nationalmannschaft. Sein erstes Pro-Tour-Turnier waren die Australian Open im Jahr darauf. Im Einzel kam das Aus in Melbourne in der zweiten Hauptrunde. Nach drei Pro-Tour-Turnierteilnahmen in Asien reiste er 2001 erstmals nach Europa: Bei den Swedish Open im November 2001 unterlag er in Runde zwei dem heutigen Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf mit 1:4. In Dänemark war schon in der ersten Hauptrunde Schluss für Wang, immerhin wurde er im Doppel Zweiter. Bei den Egypt Open im Februar 2002 holte sich der damals 19-Jährige seinen ersten internationalen Turniersieg mit einem 4:0-Finalerfolg über Belgiens Spitzenspieler Jean-Michel Saive. „Von da an hatte ich das Selbstvertrauen, gegen jeden ausländischen Spieler bestehen zu können“, sagte Wang Hao.

23 Monate in Folge die Nummer eins der Welt

Sein Weg führte steil nach oben. Im Juni 2001 stieg er auf Rang 80 in der Weltrangliste ein, gut ein halbes Jahr darauf, im Februar 2002, stieg er in die Top 20 auf, lag im Januar 2003 erstmals unter den Top 10, die er seitdem nicht mehr verlassen hat. Seine ersten WM-Medaillen 2003 gewann er in Paris (Silber im Doppel, Bronze im Mixed), im Einzel ereilte ihn ein bitteres Aus im Achtelfinale. In sieben Sätzen unterlag er dem Österreicher Chen Weixing, einem gebürtigen Chinesen. 2007 in Zagreb gewann Wang Hao seine erste Einzelmedaille, Bronze. Kurz darauf begann seine Hochphase: Zwischen 2007 und 2009 hatte er 23 Monate in Folge die Führung in der Weltrangliste inne. Insgesamt elf Einzeltitel in der Pro Tour hat er bis heute gewonnen, dazu zwei Mal das Pro-Tour-Finale im Einzel und fünf Titel bei Asienmeisterschaften im Einzel und mit dem Team.

„Sein Spielstil verbindet die Vorteile von Shakehand- und Penholderspielern und bleibt dabei einzigartig. Der Stil hat großes Potenzial“, erklärte Wu Jingping, einer der Trainer-Ziehväter Wang Haos. „Wir haben in der Vergangenheit viel von der Entwicklung Ma Lins gelernt und konnten die positiven Aspekte daraus direkt mit Wang Hao umsetzen, ohne noch einmal experimentieren zu müssen und Zeit zu verlieren.“ Wang Hao verfügt bei seinem Penholderspieler über eine, wie Experten bewundernd sagen, „magische Rückhand“. Hinzu kommt, dass er „bessere Rallyes spielt als andere Penholderspieler und auf den dritten Ball besser agiert als Shakehand-Spieler“, hatte ihn Ma Lin schon vor längerer Zeit gelobt. „Ich spiele schon so, seit ich sehr jung bin. Ich weiß nicht genau, warum, aber es hat einfach von Anfang an sehr gut zu mir gepasst“, sagte Wang selbst gegenüber dem Fachmagazin „Table Tennis World“.

Verbotene Liebe und Polizeigewahrsam

Fernab des Tisches hatte es Wang Hao nicht immer leicht. Anfang 2004 war er wegen einer Liebelei mit Fan Ying vom Damennationalteam von der chinesischen Mannschaftsführung scharf verwarnt worden. Fan wurde sogar suspendiert und wurde in ein Provinzteam abkommandiert.

Auch seine Olympianiederlage von Peking längere Nachwirkungen. Er vernachlässigte das Training und schlug mit Alkohol über die Stränge: Im Oktober 2008 fiel er in Peking als pöbelnder Rowdy auf, schlug einen Parkwächter, der ihn zurecht weisen wollte, und verbrachte dafür einige Stunden in Polizeigewahrsam. Tischtennisspieler sind in China bekannt wie Popstars. Den Spot von Medien und Bevölkerung musste Wang Hao zusätzlich zum peinlichen Ausrutscher hinnehmen.

Ziel: Olympia 2012

Olympia 2008: Wang Hao schlägt Jörgen Persson im Halbfinale (Foto: Kazuyuki Takahashi)Es folgte die Meldung über geordnete Verhältnisse: Ende vergangenen Jahres wurde Wang Haos Liaison mit Nationalteamkollegin Peng Luyang bekannt – diesmal mit Zustimmung von offizieller Seite. Denn intern gilt eine Altersgrenze. „Wir haben Regeln für Beziehungen innerhalb des Teams. Gerade bei jungen Spielern unter 24 Jahren haben Affären oft negative Auswirkungen auf das Training und werden deshalb nicht gebilligt“, erklärte Teammanager Huang Biao.

Sportlich liegt Wang Hao längst wieder auf Kurs – und der führt einmal mehr Richtung Olympia. Nach der Niederlage im Endspiel von Peking gab ihm Coach Liu Guoliang als Trost mit auf den Weg: „Du musst deinen Traum selbst verwirklichen.“ Noch hat Wang Hao Zeit dafür. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London könnte er mit 28 Jahren der Leitwolf des chinesischen Teams sein und mehr werden als „ein gewöhnlicher Athlet“.

Steckbrief

Wang Hao, China

Geboren am 15. Dezember 1983 in Changchun (Provinz Jilin)

Weltrangliste: 5

Verein: Bayi Rongsheng, China

Größte Erfolge

Olympia: Gewinner Mannschaft 2008, 2. Platz Einzel 2008, 2004

WM: Gewinner Einzel 2009, Gewinner Doppel 2009, 2005, Gewinner Mannschaft 2010, 2008, 2006, 2004

World Cup: 6 Teilnahmen / Bestes Ergebnis: Gewinner 2008, 2007

World Team Cup: Gewinner 2010 und 2007

Pro Tour: Gewinner Grand Finals Einzel 2006 und 2003

 

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