Herning. Timo Boll bleibt der unangefochtene König von Europa. Bei den Europameisterschaften in Herning gewann Boll seinen sechsten Einzeltitel und den 16. insgesamt. Der Rekord-Champion besiegte den Überraschungsfinalisten Tan Ruiwu. Der Kroate hatte mit Bastian Steger, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska drei DTTB-Spieler aus dem Turnier geworfen. Der Deutsche Meister, Steger, verlor im Halbfinale mit 1:4, darf sich aber über Bronze freuen. Boll glückte mit dem 4:1 gegen den Rumänen Crisan im Halbfinale die Olympia-Revanche. Europameisterin wurde Viktoria Pavlovich aus Weißrussland.
Die Ansetzungen am Finalsonntag
Herren-Einzel
Finale
Boll - Tan 4:1 (2, 6, 7, -11, 9)
"Sorry, dass ich schon so oft gewonnen habe. Vielleicht ist es schon ein bisschen langweilig. Ich bin froh, es war ein hartes Match, am Ende ist er noch mal gefährlich nahe gekommen."
Halbfinale
Timo Boll – Adrian Crisan ROU 4:1 (-10, 7, 6, 5, 10)
„Ich fühle schon Genugtuung, die Revanche ist geglückt. Auf der anderen Seite ist es irgendwie bitter, dass ich diese Leistung nicht in London abrufen konnte bei Olympia, sondern jetzt bei der EM. Auch wenn die EM ein wichtiges Turnier ist, hätte ich gerne getauscht", sagte Boll
Zur Taktik gegen Crisan: "Man muss gegen ihn möglichst ruhig spielen, um die Bälle präzise zu setzen. Ich darf nicht zu schnell zu viel wollen. Wenn es in die Ballwechsel geht, bin ich der Stärkere. Da habe ich ahthletische Vorteile. Ich bin froh, die Balance gefunden zu haben zwischen Aggressivität und Ruhe. Wichtig ist auch der Wohlfühlfaktor am Tisch. Ich hatte das Gefühl, dass sich Crisan heute gar nicht wohlgefühlt hat, oft die falschen Entscheidungen traf. So ähnlich ging es mir in London."
Bastian Steger - Tan Ruiwu HRV 1:4 (-6, 8, -2, -13, -6)
"Das war eine große Möglichkeit, in ein EM-Finale einzuziehen. Leider habe ich die Satzbälle im vierten Satz nicht zum 2:2 nutzen können. Tan hat sehr gut gespielt, druckvoll und flink auf den Beinen", sagte Steger, der während des Spiels verdeckte Aufschläge Tans moniert hatte. "Er verdeckt sie mit seinem Körper, nicht immer, aber in manchen Situationen. Dann ist es ganz schwer zu sehen, was für ein Spin der Aufschlag hat. Ich bin auch nicht der einzige, der sich beschwert. Das ist natürlich bitter, aber da kann man nicht viel machen." Auch ein Hinweis Stegers bei den Unparteiischen half nichts. "Es ist auch schwer für die Schiedsrichter, weil sie einen ganz anderen Winkel haben und das kaum sehen können", brachte Steger Verständnis auf. Nach der Enttäuschung über den verpassten Finaleinzug wird sich der 31-Jährige über seine Bronzemedaille freuen können. "Gerade gestern war ein perfekter Tag für mich", betonte der Deutsche Meister.
Damen-Einzel
Finale
Viktoria Pavlovich BLR - Xian Yi Fang FRA 4:1 (6, 9, -9, 5, 11)
Halbfinale
Liu Jia AUT - Xian Yi Fang FRA 3:4 (-5, 10, -3, 5, 6, -11, -5)
Viktoria Pavlovich BLR - Li Xue FRA 4:1 (5, -9, 4, 6, 9)
Vorschau auf die Halbfinals mit Boll und Steger
Timo Boll will am Finaltag der Europameisterschaften in Herning Revanche nehmen. Sein Halbfinalgegner ist um 12 Uhr Adrian Crisan. Der 32-jährige rumänische Nationalspieler fügte der deutschen Nummer eins bei den Olympischen Spielen in London eine der schmerzhaftesten Niederlagen in Bolls Karriere zu. Im Achtelfinale verlor der Rekordeuropameister (bislang 15 Titel, fünf im Einzel, fünf im Doppel, fünf mit der Mannschaft) mit 1:4. Der Traum vom olympischen Edelmetall blieb vorerst unerfüllt. "Ab und zu denke ich schon noch an Olympia zurück. Auf dem Niveau kann sowas immer mal wieder passieren. Man hat es ja an den Fußballern gegen Schweden gesehen. Wenn man mal in so einen Strudel reingerät...Aber nachher ist es ja mit der Team-Medaille noch ganz gut gelaufen. Ich habe mein Selbstbewusstsein wiedergefunden. Crisan war ja schon immer so ein bisschen mein Angstgegner. Ich habe aber auch schon oft gegen ihn gewonnen", sagt Boll über den Weltranglisten-20. vom Bundesligisten Werder Bremen.
Steger um 12:50 Uhr gegen seinen Ex-Mannschaftskollegen Tan Ruiwu
Im Anschluss an das Boll-Spiel trifft Bastian Steger (12:50 Uhr) auf Tan Ruiwu aus Kroatien, der gestern erst Patrick Franziska (4:2) und im Viertelfinale den an Position zwei gesetzten Dimitrij Ovtcharov (4:3) ausgeschaltet hatte. Steger will nicht der dritte Deutsche sein, den das wieselflinke und aggressiv spielende Leichtgewicht aus dem Weg räumt. Steger und Tan kennen sich gut, beide spielten gemeinsam für den TTC Frickenhausen in der Bundesliga. "Es wird eng werden", sagte Bastian Steger nach seinem Halbfinaleinzug am Samstag. Mit Siegen über Gionis (4:3, Griechenland) und vor allem über den an drei gesetzten Weißrussen Samsonov (4:0) hatte der 31-Jährige gestern für Furore gesorgt. Die Bronzemedaille ist Steger schon sicher.
Das EM-Aufgebot des DTTB im Überblick
Herren
Timo Boll (Verein: Borussia Düsseldorf, Weltranglistenposition: 5)
Dimitrij Ovtcharov (Fakel Gazproma Orenburg, Russland, 10)
Bastian Steger (1. FC Saarbrücken TT, 28)
Patrick Baum (Borussia Düsseldorf, 30)
Christian Süß (Borussia Düsseldorf, 34)
Ruwen Filus (TTC Zugbrücke Grenzau, 77)
Patrick Franziska (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, 87)
Wettbewerbe
Einzel: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger, Patrick Baum, Christian Süß, Ruwen Filus, Patrick Franziska
Doppel: Dimitrij Ovtcharov GER/Vladimir Samsonov (Nation: BLR / Verein: Fakel Gazproma Orenburg, Russland / Weltranglistenposition: 12)
Damen
Wu Jiaduo (FSV Kroppach, 16)
Irene Ivancan (ttc berlin eastside, 51)
Kristin Silbereisen (FSV Kroppach, 56)
Zhenqi Barthel (TTG Bingen/Münster-Sarmsheim, 70)
Sabine Winter (DJK SSV Kolbermoor, 118)
Petrissa Solja (Linz AG Froschberg, Österreich, 89)
Wettbewerbe
Einzel: Wu Jiaduo, Irene Ivancan, Kristin Silbereisen, Zhenqi Barthel, Sabine Winter
Doppel: Wu Jiaduo/Kristin Silbereisen, Irene Ivancan/Polina Mikhailova (Nation: RUS / Verein: ttc berlin eastside / Weltranglistenposition: 121), Sabine Winter/Petrissa Solja
Hinweis: Die Weltranglistenpositionen basieren auf dem Oktober-Ranking des Weltverbandes ITTF
Trainer und Betreuer
Sportliche Leitung
Dirk Schimmelpfennig (DTTB-Sportdirektor)
Trainerteam
Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer)
Zhu Xiaoyong (Assistenztrainer Herren)
Eva Jeler (Cheftrainerin des gesamten weiblichen Bereichs)
Jie Schöpp (Damen-Bundestrainerin)
Medizinische Abteilung
Mannschaftsarzt: Dr. Antonius Kass (Düsseldorf)
Teampsychologe: Carsten Schiel (Kasel)
Physiotherapeuten: Annette Zischka (OSP Hessen, Frankfurt/Main), Peter Heckert (OSP Hessen, Frankfurt/Main)
Organisationsleitung
Christian Back (DTTB-Referat Leistungssport)
Schiedsrichter
Deputy Referee: Gerhard Schnabel (Karlsfeld)
Schiedsrichter: Rudi Bretz (Oberdiebach), Klaus Seipold (Düsseldorf), Sven Trautwein (Weimar)