London. "Das war mir schon ein bisschen unangenehm", sagte Dimitrij Ovtcharov, als er unverhofft im großen Speisesaal des Olympischen Dorfs im Mittelpunkt stand. Deutschlands gut informierte Hockey-Herren hatten ihn bei der Rückkehr aus der Halle nach dem gewonnenen Spiel um Bronze in einer hinteren Ecke der Mensa sofort entdeckt und waren lautstark applaudierend aufgestanden - zusammen mit Deutschlands Damen.
Die ebenso spielstarke wie feierfreudige Hockey-Nationalmannschaft war mit dem Herren-Team vor vier Jahren im selben Flugzeug von den Spielen in Peking zurück nach Frankfurt geflogen. Hockey hatte Gold im Gepäck, Tischtennis die Silbermedaille. Der Flieger hatte dieser geballten guten Laune trotzdem standgehalten.
Zur Feier des Tages gab es Burger
Nach dem Essen ging's zurück in Penthouse-Apartment der Deutschen. Bundestrainer Jörg Roßkopf und Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig hatten zur Mannschaftssitzung als Vorbereitung auf die Partie gegen Schweden heute um 20 Uhr deutscher Zeit geladen. Ovtcharovs Siegeshunger war an seinem Bronze-Tag zwar gestillt, nicht aber der rein körperliche. So zog er nach der Besprechung noch mal mit Kumpel und Dorf-Zimmernachbar Patrick Baum los. Schon in der Halle hatte der Hamelner angekündigt, sich am Abend "etwas Gutes gönnen" zu wollen. Dieses "Gute" ist bei vielen Athleten hier in London ähnlich. Und so besuchten auch Ovtcharov und Baum die Olympia-Zweigstelle einer US-amerikanischen Fastfood-Kette.
Am späteren Abend saß er noch bis nach Mitternacht im Gemeinschaftsraum des Apartments. "Ich weiß gar nicht, ob ich heute Nacht überhaupt schlafen kann", sagte er. "Ich bin viel zu aufgewühlt". Dann klappte es aber doch noch. Um zehn Uhr Ortszeit am Morgen ging das Herren-Team geschlossen zum Frühstück, danach begann die intensive Vorbereitung auf das Schweden-Match um 20 Uhr deutscher Zeit. "Jetzt greifen wir auch mit der Mannschaft an", so Ovtcharov. "The next medal is waiting for us", simste er DTTB-Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb, dem er in derselben Kurzmitteilung für "deine jahrelange Unterstützung für unseren Sport" dankte. Dass er an diesem Freudentag auch in sportpolitischen Zusammenhängen dachte, ist enorm.
ARD: Gute Einschaltquoten für beide Ovtcharov-Spiele
Die Bronzemedaille fühlte sich an wie Gold, wie er gestern nach der Siegerehrung gesagt hatte - und war irgendwie auch schwer wie Blei. (Ovtcharov: "Ich war echt überraschend, wie schwer sie ist.") Sie ist übrigens gut im Apartment aufgehoben. "Sie liegt sicher im Safe in seinem Zimmer", verriet Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig.
Im ARD-Fernsehen zählte Dimitrij Ovtcharov ebenfalls zu den Gewinnern. Sein Halbfinale gegen Zhang Jike sahen 1,34 Millionen Zuschauer, ein Marktanteil von 20,3 Prozent. Beim kleinen Finale gegen Chuang Chih-Yuan schalteten sogar 2,47 Millionen ein, fast 24 Prozent. Ein gutes Ergebnis für den Tischtennissport, der bei Olympischen Spielen ohnehin im Fernsehen und den Online-Angeboten von ARD und ZDF gute Quoten erreicht. Nur wenige Sportarten waren noch besser.