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Der talentierte Jungstar und Lokalmatador Wolfgang Prandke (l.) schaffte es 1961 bis ins Finale (Foto: DTTB-Archiv)

Historie, Teil 2: Neustart nach 15 Jahren Zwangspause

Friedrich-Karl Brauns / "Tennis- und Golf"-Zitate "ausgegraben" von Manfred Schäfer 05.11.2013

Berlin. Erst Ostern 1954 gab sich die Tischtennis-Weltelite wieder bei Internationalen Deutschen Meisterschaften ein Stelldichein. Veranstaltungsort war – im zweigeteilten Berlin – die neuerbaute Sporthalle Schöneberg. Die Namen der damaligen Stars sind zumindest Älteren noch vertraut. Der Jugoslawe Vilim Harangozo behauptete sich im  Einzelfinale zu mitternächtlicher Stunde gegen den legendären Richard Bergmann (England). Zuvor hatte er im Halbfinale Conny Freundorfer ausgetrickst. Weltmeister Ichiro Ogimura (Japan) blieb im Einzel ohne Podestplatz.

1960 Agi Simon noch für die Niederlande, Diane Rowe für England im Finale

Vilim Harangozo war ein sportlicher Dauerbrenner. 1954 mit Zarko Dolinar Weltmeister im Doppel, 1969 als Bundestrainer der deutschen Herren WM-Zweiter. Harangozo startete auch 1960 bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften in Berlin-Schöneberg, führte im Achtelfinale gegen Sepp Seiz (Burgkunstadt) im Entscheidungsatz mit 20:12, machte keinen leichten Fehler und verlor dennoch. Überstrahlt wurde dieses Match von der siegreichen Viertelfinalpartie des Berliner Jurastudenten und Defensivstrategen Dieter Köhler gegen den Topfavoriten und Topspin-Künstler Vojislav Markovic (Jugoslawien). Im Halbfinale war für den Tennis-Borussen dann gegen den späteren Champion Tony Larsson (Schweden) Endstation. Deutsche Finalisten waren die Zwillinge Ernst und Herbert Gomolla (Salzgitter) und das Damen-Doppel Hilde Gröber/Gudrun Müller. Agnes „Agi“ Simon, für Ungarn 1957 Weltmeisterin im Damen-Doppel und noch für Holland agierend, entschied das Damen-Einzel gegen die (Noch-)Engländerin Diane Rowe, später Schöler, für sich.

Wolfgang Prandke: allgemeine Euphorie

1961: wieder Sporthalle Schöneberg. Wieder gewinnt Agi Simon. Diesmal aber für Deutschland. Der glanzvollen Zweiten Inge Müser gratuliert als Erster und besonders herzlich: Heinz Harst. Komplettes deutsches Halbfinale im Damen-Doppel mit den Siegerinnen Heide Dauphin/Rosi Gomolla (Augsburg/Braunschweig) über die Berlinerinnen Uschi Matthias/Edith Steinke. Wieder gewinnt Dieter Köhler gegen Markovic, muss aber im Viertelfinale gegen Deutschlands besten Topspinakteur Erich Arndt (Mörfelden) nach fünf Sätzen passen.

Ein gerade 18 Jahre alt gewordener, dürrer Linkshänder von Tennis-Borussia Berlin drückte diesem Turnier den Stempel auf: Wolfgang Prandke. „Pranne“ aus Neukölln, zuvor Bundesranglistensieger und Dritter bei der Nationalen Meisterschaft geworden, deklassierte im Viertelfinale zunächst Jugoslawiens Alt-Meister Vogrinc und nahm anschließend Titel-Verteidiger Tony Larsson aus dem Turnier.

„Ick kann spielen, wa?“

Der damalige Nationalspieler und aufstrebende Journalist Hans Wilhelm Gäb fasste die allgemeine Euphorie in folgende Sätze: „‘Ick kann spielen, wa?‘ Wolfgang Prandke grinste breit, nahm ein Handtuch und wischte sich über die Stirn, wo die zarte Andeutung eines Schweißtröpfchens zu sehen war. Sein Gesicht ein wenig gerötet – mehr merkte man nicht davon, dass er gerade in einem 45-minütigen Spiel Tony Larsson geschlagen hatte. Erstaunlich war vor allem, wie der Berliner seine mangelnde Schnelligkeit auf den Beinen durch ein sicheres Auge, seine Reaktionsfähigkeit und Platzierungskunst ausglich. Larssons Blick wurde unsicher und ängstlich wie bei einem Kinde, das sich fürchtet. Prandke stand ihm mit ausdrucklosem Gesicht gegenüber, zeigte nicht Freude und Jubel, nicht Angst und Erregung. Er machte ein Gesicht wie einer, der angelt, aber kurz vor dem Einschlafen ist, weil kein Fisch anbeißt.“

Im Finale gegen Hans Alser (Schweden) gewinnt „Brettchenspieler“ Prandke zwar den Eröffnungssatz, dann aber setzte sich Alser dank seiner Athletik, Übersicht und Willensstärke durch. Ausnahmetalent Prandke erreichte kurz danach bei der Weltmeisterschaft 1961 in Peking noch das Achtelfinale, aber leider blieb der echte Neuköllner Junge ein Komet, der allzu schnell verglühte. Bei den Europameisterschaften 1962 in der Sporthalle Schöneberg war er schon nicht mehr dabei, und in der Folgezeit wuchs immer mehr seine Distanz zum Tischtennissport. Wolfgang Prandke ist vor wenigen Wochen im September im Alter von 70 Jahren gestorben.

Teil 3 folgt.

 

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