Bremen. Dimitrij Ovtcharov hat erstmals die German Open gewonnen. Im deutschen Traumfinale bezwang der 24-Jährige seinen Kumpel Timo Boll nach 0:2-Rückstand mit 4:2. Petrissa Solja und Sabine Winter holten sich den Titel im Damen-Doppel. Shen Yanfei triumphierte im Damen-Endspiel.
Die Partien des Finaltages können im kostenlosen Internet-Live-Streaming des Weltverbands ITTF verfolgt werden.
Herren-Einzel, Finale
Dimitrij Ovtcharov - Timo Boll 4:2 (-8, -7, 8, 7, 3, 8)
"Ich möchte mich zunächst bei den Zuschauern bedanken. Es hat sehr viel Spaß gemacht, hier zu spielen. Es war nicht so ein hochklassiges Finale, mehr von Taktik geprägt. In letzter Zeit war es sehr ausgeglichen zwischen uns, mal habe ich gewonnen, mal Timo", sagte der Sieger. „Nach dem schweren Halbfinale gegen Chuang habe ich gegen Timo erst gar nicht ins Spiel gefunden“, beschrieb Dimitrij Ovtcharov den Verlauf der ersten beiden Durchgänge. „Die beiden spielen komplett unterschiedlich. Bei Chuang geht es immer nur „Bumm, bumm, bumm“, und Timo hat dann diese enormen Spinvariationen.“ Sich auf die andere Spielweise einzustellen fiel dem 24-Jährigen lange Zeit mehr als schwer. „Als Timo bei seiner 2:0-Führung dann einen Kantenball zum 5:5 gemacht hat, dachte ich, das Spiel läuft komplett an mir vorbei, und ich habe mit mir gehadert“, so Ovtcharov. Doch dann habe er gespürt, er habe doch noch eine Chance. „Ich musste aggressiv von beiden Seiten spielen, und irgendwann ist mir das endlich gelungen.“ Nach vier weiteren Sätzen hatte er sein nächstes großes Ziel in diesem Jahr erreicht. „Ich wollte diesen Titel unbedingt. Timo hat ja schon ein paar Mal die German Open gewonnen“, sagte Europas Rekord-Gewinner bei den Olympiamedaillen. „Ein World-Tour-Turnier in Deutschland zu gewinnen, ist etwas ganz Besonderes. Und in so einem Finale auch noch Timo zu schlagen, ist noch spezieller. Es ist kein Olympia, aber trotzdem ganz groß.“
Es sei schon etwas anderes, gegen seinen Freund zu spielen, sagte der 24-Jährige. Man sei weniger emotional nach gewonnenen Punkten, zeige die Faust nicht oft. Ovtcharov fand auch lobende Worte für den Verlierer: "Timo ist ein absoluter Topathlet. Wir können dankbar sein, dass er den Tischtennis-Sport auf solch ein Level gebracht hat."
"Es ist schön, dass hier ein Deutscher gewonnen hat. Bei mir hat das Feuer nicht mehr so gelodert. Er war pfiffiger, spritziger und ich konnte den Schalter nicht mehr umlegen. Es ist schon in Ordnung, dass Dima gewonnen hat. Er war heute der Stärkere, und das erkenne ich voll an", zeigte sich Boll als fairer Verlierer. "Die letzten Wochen waren hart, ich bin hier mit dem zweiten Platz zufrieden", ergänzte Boll. Warum es nach der 2:0-Führung nicht mehr rund lief, erklärte der Weltranglisten-5. so: "Er hat besser aufgeschlagen, ich habe seine Bälle nicht mehr so gut gelesen und viele einfache Fehler gemacht."
Damen-Doppel, Finale
Petrissa Solja/Sabine Winter - Jiang Huajun/Lee Ho Ching HKG 4:1 (3, -10, 12, 13, 6)
Das junge deutsche Duo machte da weiter, wo es in den letzten Tagen aufgehört hatte. Solja/Winter zeigten eine starke Leistung, spielten druckvoll, raffiniert, sicher und behielten in den knappen Situationen (Satz 3 und 4) auch die Nerven. Für Petrissa Solja ist es der zweite Titel bei den German Open. Die 18-Jährige hatte am Samstag schon den U-21-Wettbewerb gewonnen. "In so einem Spiel muss man auch mal was riskieren. Was für Bälle teilweise gespielt wurden, war echt unglaublich. Man freut sich, und es ist einfach schön", betonte Solja nach dem hochklassigen Doppel-Endspiel. "Wir haben beide schlecht geschlafen, sind früh aufgewacht. Das lag wohl an der Aufregung", erzählte sie. Dass Solja gleich zwei Titel aus Bremen entführte, kommentierte die Linkshänderin so: "Es ist wie ein Traum, ich kann das gar nicht glauben."
Gefeiert wird auch, aber nicht etwa mit einem Schlückchen Sekt, sondern mit Weingummi. "Wir wollen noch an den Haribostand, das haben wir uns jetzt verdient", sagte das Siegerduo unisono.
„Ich bin mehr als zufrieden“, freute sich Damen-Bundestrainerin Jie Schöpp. „Ich muss zugeben, dass ich vor dem Turnier nicht gedacht habe, dass die beiden hier den Titel holen. Sie haben perfekt gespielt.“ Der DTTB baut auf das erfolgreiche Youngster-Doppel. „Ich hoffe, dass das erst der Anfang ist. Sie haben ein noch größeres Potenzial, und dieser Erfolg wird ihnen noch einen weiteren Motivationsschub geben.“
Das unterlegene Duo aus Hongkong erkannte die Leistung Solja/Winters an: "Die beiden waren sehr gut und schnell, Gratulation meinerseits", betonte Lee Ho Ching. Und Partnerin Jiang Huajun sagte: "Die jungen Gegnerinnen sind sehr stark. Sie haben sich in einen Rausch gespielt, wurden immer stärker und sicherer. Man merkt einfach, dass sie ein eingespieltes Team sind. Die deutschen Zuschauer sind ebenfalls beeindruckend. Nach jedem Ball haben sie ihr Duo angefeuert."
Herren-Einzel, Halbfinale
Timo Boll - Gao Ning SIN 4:0 (9, 7, 8, 13)
In den entscheidenden Situationen am Satzende spielte Boll sein bestes Tischtennis. Gao Ning sagte nach dem verlorenen Halbfinale: "Es ist keine Schande für mich, Timo ist einer der Besten in der Welt, die Sätze waren wirklich eng. Gestern habe ich gegen den Koreaner Kim Min Seok eine sehr gute Leistung gezeigt, aber im Vergleich mit Timo Boll ist das auch eine ganz andere Klasse."
Dimitrij Ovtcharov - Chuang Chih-Yuan TPE 4:3 (9, -9, 8, -7, 8, -6, 11)
In einem hochklassigen Halbfinale wehrte Dimitrij Ovtcharov im siebten Satz zwei Matchbälle (9:10, 10:11) in starker Manier ab und holte sich den Sieg.
Chuang, der auf Revanche für das verlorene Bronze-Spiel bei Olympia brannte, war sehr enttäuscht ob der vergebenen Chancen. "
Damen-Einzel, Finale
Shen Yanfei ESP - Iveta Vacenovska CZE 4:2 (6, -8, -11, 8, 5, 8)
Die unterlegene Tschechin analysierte: "Shen hat eine besondere Spielart, die keine andere Spielerin hat. Das Problem ist, dass sie nah am Tisch bleibt und dass die Bälle sehr schnell zurückkommen. Und da ist es schwierig, dann darauf zu reagieren. Das Spiel ist sehr von Taktik geprägt", so Vacenovska. "Ich bin sehr glücklich, ins Finale gekommen zu sein, aber im Moment bin ich natürlich traurig, dass ich verloren habe. Insgesamt bin ich zufrieden, es war ein sehr gutes Turnier."
Shen Yanfei sagte: "Im vierten Satz beim Rückstand habe ich meine Taktik gewechselt, mehr mit Seitschnitt gespielt. Das hat sich ausgezahlt. In den Sätzen danach war noch aggressiver", erklärte Siegerin Shen ihr Erfolgsrezept.
Damen-Einzel, Halbfinale
Shen Yanfei ESP - Jiang Huajun HKG 4:0 (6, 9, 7, 4)
Shen Yanfei, die Elfte der Weltrangliste, brachte die Partie gegen die auf Position 24 notierte Jiang Huajun (Hongkong) sicher nach Hause. Im dritten und vierten Satz spielte Shen ihre Stärke vor allem am Satzende aus und ließ Jiang keine Chance, die Partie noch zu drehen. „Ich hatte heute keine Probleme mit meiner Gegnerin, mit meiner Vorhand und meiner Erfahrung habe ich das Spiel bestimmt", so Shen Yanfei.
Die Verliererin Jiang Huajun befand: "Von Anfang an wusste ich, dass dieses Spiel schwer für mich werden würde. Die Bälle kommen immer wieder. Das ist so, als ob man gegen eine Gummiwand spielt. Ich habe auch sehr viele leichte Fehler gemacht. Ich muss dieses Spiel jetzt schnell aus dem Kopf bekommen und mich auf das Doppel-Finale konzentrieren."
Iveta Vacenovska CZE - Viktoria Pavlovich BLR 4:3 (-6, 6, 5, -6, -4, 10, 5)
Im zweiten Halbfinale der Damen konnte sich die Tschechin und Weltranglisten-42. Iveta Vacenovska nach einem spektakulären Spiel gegen die amtierende Europameisterin und Weltranglisten-16. Viktoria Pavlovich durchsetzen. Vacenovska war mit 2:1 in Führung gegangen, die folgenden beiden Durchgänge gewann Pavlovich wieder klar. Im sechsten Durchgang schien alles klar: Pavlovich führte 7:3 und 10:8, hatte zwei Matchbälle zum Einzug in das Finale. Nach einem langen, spannenden Ballwechsel machte Vacenovska den Punkt zum 9:10 und holte sich den sechsten Satz mit 12:10. Im siebten Satz ging Vacenovska mit 8:1 in Führung und ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen. "Es ist sehr schwierig für mich, wenn sie mit dem Schnitt variiert. Ich muss Service und Bombe spielen, sprich einen Endschlag bringen. Ich mag keine langen Ballwechsel. Bei den zwei Matchbällen gegen mich im 6. Satz habe ich nicht überlegt, sondern einfach nach vorne gespielt, entweder geht er drauf oder nicht."
Auf die Chancen im Finale angesprochen sagte Vacenovska: "Shan Yanfei ist eine der Besten im Feld und nicht umsonst an eins gesetzt. Es wird ein schweres Spiel, aber ich weiß, dass ich sie schlagen kann, denn die Bilanz steht 1:0, ich konnte in einem Länderspiel knapp gegen sie gewinnen. Ich bin gefährlich", betonte sie. Dieser Sieg, sowie die starke Vorstellung im Halbfinale geben ihr Motivation und das nötige Selbstvertrauen für das Finale. "Im ganzen Turnier hatte ich viel Glück.", gibt Vacenovska zu. Nicht nur in diesem Halbfinale hatte sie einige glückliche Netzbälle, sondern auch in der ersten Runde gegen die Deutsche Sabine Winter, als sie im siebten Satz einen "tödlichen" Netzroller hatte.
Die unterlegene Europameisterin Viktoria Pavlovich sagte: "Ich war müde im Kopf, gerade nach der EM und den schweren Spielen hier. Das Spiel gestern gegen Shan Xiaona hat viel Kraft gekostet, gerade mental. Beim zweiten Matchball (10:9 im 6.Satz) habe ich leider einen einfachen Vorhandfehler gemacht. Ich war zu hektisch und konnte es nicht abwarten, den Punkt zu machen. Insgesamt bin ich aber mit dem Turnier zufrieden."
Herren-Doppel-Finale
Jiang Tianyi/Wong Chun Ting HKG - Tan Ruiwu CRO/Wang Zengyi POL 4:1 (2, 9, -9, 5, 7)
Das Herren-Doppel-Finale war eine recht klare Angelegenheit für das Duo aus Hongkong. „Wir haben ganz schlecht gespielt und waren viel zu passiv“, sagte ein enttäuschter Wang Zengyi.