Ostrava. Zu später Stunde lud der Deutsche Tischtennis-Bund gestern Abend im Pressezentrum der LIEBHERR Europameisterschaften in Ostrava zu einer ersten Bilanz-Pressekonferenz. Nachdem kurz zuvor mit Timo Boll, Christian Süß und Patrick Baum drei deutschen Herren das Einzel-Halbfinale erreicht hatten, schauten die anwesenden deutschen Journalisten selbstredend in zufriedene Gesichter der DTTB-Verantwortlichen. Einen Tag vor Ende der Wettbewerbe zogen Präsident Thomas Weikert, Sportdirektor Dirk Schimmelpfenning und Damen-Bundestrainer Jörg Bitzigeio eine positive Bilanz des Turniers. Kritik gab es hingegen an der Präsentation der Veranstaltung.
Präsentation ein Rückschritt
„Aus rein sportlicher Sicht können wir natürlich sehr zufrieden sein. Bei den Herren geht es kaum besser“, betont DTTB-Präsident Thomas Weikert. „Mein Wunsch für morgen ist natürlich, dass wir das Herren-Ergebnis mit dem Sieg im Einzel perfekt machen. Unseren Damen hat in den entscheidenden Momenten leider auch oft das Quäntchen Glück gefehlt.“ In allen drei Wettbewerben waren die DTTB-Damen erst im Viertelfinale ganz knapp vor den Medaillenrängen gescheitert. Abseits der Wettbewerbe sah Weikert hingegen ausreichend Grund zur Kritik. „Wenn ich die Veranstaltung Revue passieren lasse, bleibt nicht nur Freude hängen. Die Tschechen waren gute Gastgeber und stets hilfsbereit“, lobt Weikert das Engagement der Veranstalter. „Mit der Unterkunft und der Verpflegung sind wir sehr zufrieden. Das ist alles gut. Es gibt aber auch leider vieles zu bemängeln. Es gab keine Trainingspläne. In der Halle wurden unter dem roten Boden nicht wie üblich Holz sondern Gummimatten verlegt. Der Hallensprecher hat über weiter Strecken der Veranstaltung lediglich auf Tschechisch moderiert. An die geringen Zuschauerzahlen haben wir uns ja fast schon gewöhnt. Aber das ist ja nicht allein ein tschechisches Problem.“
Kritik übte Weikert auch an den durchgeführten Schlägerkontrollen. „Hier wird mit dem enez-Gerät getestet. Das entspricht nicht mehr den Regularien. Überspitzt gesagt, kann hier jeder kleben wie er lustig ist. Da muss die ETTU klare Vorgaben machen. In der gesamten Präsentation war das Turnier leider ein Rückschritt. Wenn ich die EM in Stuttgart ausnehme, waren die letzten Europameisterschaften nicht so gut. Es gibt noch viel zu tun. Vor allem die ETTU ist da gefordert.
Lob für den Kollegen
Bevor ich mich zu den Leistungen meiner Damen äußere, möchte ich zuerst Jörg Roßkopf zu seinem guten Einstieg als Bundestrainer gratulieren“, fand Damen-Bundestrainer Jörg Bitzigeio lobende Worte für seinen Kollegen. „Das Turnier meiner Damen betrachte ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Weinend, da wir nichts Greifbares mit nach Hause nehmen können. Lachend, da wir uns vor allem spielerisch weiterentwickelt haben. Ich sehe das Turnier nicht als Rückschritt. Alles andere als das. Ich habe sehr erfreuliche Leistungen meiner Damen gesehen.“ Das Achtelfinal-Aus Wu Jiaduos war für Bitzigeio keine Überraschung. „Dudu hat hier nicht auf ihrem Topniveau agiert. Und dann bewahrheitet sich, dass an die zehn Damen um den Titel spielen. Das Feld ist einfach sehr eng.“ Positiv bewertet der Bundestrainer die Entwicklung des Teams. „Wir waren in der Vergangenheit zu oft auf zwei Punkte von Wu Jiaduo angewiesen. Das ist jetzt anders, da wir uns auf Position zwei und drei verbessert haben. Das ist sehr positiv.“
Ein guter Übergang
Auch Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig sieht die Damen auf einem guten Weg. „Spielerisch haben sie das Potenzial, um hier ein Medaille zu gewinnen. Ihnen fehlt in kritischen Momenten noch die Dominanz, um zu bestimmen was passiert. In diesen Situationen setzen sie ihre Möglichkeiten nicht immer optimal ein. Daran müssen wir arbeiten. Kristin Silbereisen hat hier auf einem ähnlich guten Niveau gespielt wie bei der WM in Moskau. Sabine Winter hat einen weiteren Schritt nach vorne gemacht.“
Angetan ist der Sportdirektor vom Auftritt der Herren. „Das Teamhalbfinale gegen Frankreich war ein bemerkenswertes Spiel. Im Doppel und Einzel haben sich Christian Süß und Timo Boll sehr dominant und spielstark gezeigt. Das gilt im Einzel auch für Patrick Baum.“ Schimmelpfenning hofft, morgen einen der drei Herren ganz oben auf dem Treppchen zu sehen. „Bei der EM 2003 standen auch drei Deutsche im Halbfinale. Gewonnen hat dann Vladimir Samsonov. Der kann morgen zumindest nicht mehr Europameister werden.“ Angesichts von fünf EM-Medaillen ist der Einstieg von Bundestrainer Jörg Roßkopf gelungen. „Mit dem alten Team um Richard Prause hatten wir mit WM-Silber in Moskau einen guten Abschluss. Hier in Ostrava einen guten Anfang für das neue Team um Rossi. Mit diesen Ergebnissen wollen wir Fahrt aufnehmen für die Olympischen Spiele und die Mannschafts-Weltmeisterschaften in Dortmund 2012.“