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Das Fachmagazin über Favoritenschreck Lei Yang (Ausgabe 4-2008)
DM-Historie: 2008 wurde Lei Yang zum Favoritenschreck, und die Rheinische Post titelte: „Boll blamiert sich gegen Oberligaspieler“

Immer gut für Überraschungen: Deutsche Meisterschaften

Winfried Stöckmann 20.08.2021

„Boll blamiert sich gegen Oberligaspieler“, titelte die Rheinische Post. Es war der 30. März 2008, und da war sie wieder, eine dieser großen Überraschungen, für die Deutsche Meisterschaften bekannt sind. Der damals 30-jährige Lei Yang, heute Honorartrainer beim DTTB, hatte im Olympia-Jahr in Hamburg nach Jörg Roßkopf auch Timo Boll gestoppt, der damit seinen neunten Einzel-Titel verpasste. DTTB-Chronist Winfried Stöckmann hat die DM 2008 nachgezeichnet. Wer wohl der neuen Favoritenschreck bei Damen und Herren in Bremen am 28. und 29. August wird? Tickets für die ÖVB-Arena gibt es noch.

Hamburg/Bremen. Noch unter dem Eindruck der Olympischen Spiele in Tokio fällt im Abstand von 13 Jahren besonders auf, dass keiner der vier Monate später in Peking (und jüngst erneut) mit Team-Silber dekorierten Favoriten ihren Rollen bei der DM 2008 gerecht wurden. In Abwesenheit der noch um einen Olympia-Startplatz kämpfenden Christian Süß und Bastian Steger scheiterte Dimitrij Ovtcharov im Viertelfinale mit 0:4 an Lars Hielscher, während Lei Yang mit einem 4:3 über Timo Boll für den größten Favoritensturz sorgte. Vom derzeitigen Spitzentrio holte sich Ovtcharov immerhin im Doppel seinen ersten DM-Titel, und der damals 15-jährige Patrick Franziska an der Seite von Lokalmatador Kay-Andrew Greil mit Bronze die erste Medaille bei den Herren.

Penholderspieler Lei Yang vom Oberligisten ASV Grünwettersbach hatte die Reise in den hohen Norden eigentlich nur angetreten „um etwas Spaß zu haben, denn ich will nicht mehr viel trainieren“. Auf seiner „Abschussliste“ stand im Achtelfinale kein Geringerer als Jörg Roßkopf, danach Nico Christ und als Krönung Topfavorit Timo Boll. Der wiederum nahm die in den Medien oft als „Blamage“ bezeichnete Schlappe nach achtwöchiger Verletzungspause nicht so tragisch, „weil es wichtig war, hier verletzungsfrei durchzukommen“.

3:2-Führung gegen Torben Wosik im Finale

Um ein Haar wäre der krasse Außenseiter sogar Deutscher Meister geworden. Im Endspiel führte der heutige DTTB-Honorartrainer und Ehemann von Olympia-Viertelfinalistin Han Ying gegen Torben Wosik mit 3:2, der beim Stande von 9:9 eine Auszeit nahm – und sich danach direkt einen Fehlaufschlag leistete. Das Matchball-Angebot konnte Lei Yang allerdings nicht nutzen und Torben Wosik, inzwischen auch schon 34 Jahre alt, gewann mit 4:3 nach 1999 seinen zweiten DM-Titel im Einzel.

Der oftmalige Nationalspieler, seit 2006 bei Angers in Frankreich unter Vertrag, feierte seinen Erfolg ohne großen Pathos. Neben der Freude verspüre er – vom DTTB „aus Altersgründen“ nicht mehr im Nationalteam – allerdings besondere Genugtuung. Daraus machte er keinen Hehl und nahm es gelassen, dass Vorjahressieger Boll den Wanderpokal vergessen hatte mitzubringen.

Bei den Damen wurde in Abwesenheit von Nicole Struse, Wu Jiaduo und Zhenqi Barthel die damals 28-jährige Tanja Krämer, die in Bremen ebenfalls am Start ist. Zum bereits zum vierten Mal scheiterte Elke Wosik (heute Elke Schall-Süß) im Endspiel und verpasste dadurch die Möglichkeit, dass sich ein Ehepaar in die Ehrentafel der Deutschen Meister eintragen konnte.

Doppel-Endspiele „die besten seit Jahren“

Zitiert man den damaligen Bericht im Fachmagazin „tischtennis“, waren die Finals im Doppel „die besten seit Jahren“. Das galt besonders für das Herren-Endspiel, in dem sich Dimitrij Ovcharov/Patrick Baum im fünften Satz knapp mit 13:11 gegen Jörg Roßkopf/Nico Stehle durchsetzten. Ebenso hauchdünn, mit 14:12 im Entscheidungsdurchgang, fiel die Entscheidung bei den Damen zu Gunsten des Duos Nadine Bollmeier/Alexandra Scheld aus, das mit ihrem dritten Titelgewinn ein mögliches Double von Tanja Krämer zusammen mit Amelie Solja verhinderte.

Schon ein Jahr zuvor hatte es mit dem Verzicht auf den Mixed-Wettbewerb sowie der Einführung von Vierer-Gruppen in der Vorrunde wichtige Veränderungen in der DM-Struktur gegeben. Bremen, inzwischen wegen der gestiegenen internationalen Bedeutung wieder mit dem gemischten Doppel ausgetragen, ist bei der 89. Auflage am letzten August-Wochenende zwar erstmals Schauplatz der nationalen Deutschen Meisterschaften, hat - international gesehen - Hamburg im Duell der großen Hansestädte aber längst den Rang als Tischtennis-Hotspot abgelaufen.

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