Bremen. Gleich die erste Runde hatte es in sich. „Es gibt ja generell keine leichten Gegner mehr auf der Tour, aber den japanischen Meister in der ersten Runde zu bekommen, ist erst recht ein schweres Los“, sagte Timo Boll (Düsseldorf) nach dem Match gegen den 19-jährigen Maharu Yoshimura. Der bei den German Open an Position eins gesetzte Boll musste beim 4:1-Erfolg spielerisch und mental voll auf der Höhe sein. „Ich hatte vorher noch nie gegen ihn gespielt und habe mir ein Video von ihm angeschaut, um zu sehen, welche Varianten er so drauf hat. Am Tisch ist aber immer alles anders. Er ist ein guter Spieler, und ich musste eine gute Leistung bringen, um zu gewinnen. Am Anfang hatte ich große Probleme mit seinen Aufschlägen. Gerade bei einem Heimturnier will man nicht gleich in der ersten Runde rausgehen“, erklärte der Weltranglisten-5. Seine Zweitrundenpartie gegen den Iraner Noshad Alamiyan (4:0) war dann deutlich einfacher. "Ich kann noch eine Schippe drauflegen, es ist aber noch ein weiter Weg bis ins Finale“, so Boll.
Boll: „Konkurrenz spornt mich an“
Das Endspiel ist auch das Ziel von Dimitrij Ovtcharov (Orenburg), in Bremen hinter Boll an Position zwei gesetzt. Vor 1750 Zuschauern feierte der 24-jährige Einzel-Bronzemedaillengewinner von London zwei klare Siege. So ganz heimisch in der ÖVB-Arena fühlt sich Ovtcharov indes noch nicht. „Ich muss mich erst an die Hallenverhältnisse gewöhnen. Im zweiten Spiel war es aber schon besser“, so der amtierende Europe-Top-12-Sieger. Timo Boll sieht die Rivalität mit seinem Kumpel Ovtcharov derweil als Ansporn. „Wir brauchen mehrere gute Spieler, nicht nur einen. Das ist gut für den Tischtennis-Sport in Deutschland. Die Konkurrenz spornt mich an, und wir können auf hohem Niveau trainieren.“ Bolls Gegner im Achtelfinale ist der Weltranglisten-51. Chen Chien-An (Taiwan). Ovtcharov trifft nun auf seinen Mannschaftskameraden bei Fakel Gazprom Orenburg, den Russen Alexey Smirnov.
Dritter noch verbliebener deutscher Spieler im Bunde ist Bastian Steger, der mit Jakub Kosowski und Daniel Gorak (jeweils 4:1) zwei polnische Nationalspieler aus dem Turnier warf. Mit Steger, dem amtierenden Deutschen Meister im Einzel und Doppel, könnte im weiteren Turnierverlauf noch zu rechnen sein. Was der 31-Jährige vom 1. FC Saarbrücken gerade gegen Gorak abrief, war zweifellos mit vom Feinsten, was der erste Hauptrunden-Tag zu bieten hatte. Wiederholt belohnte stürmischer Szenenapplaus von den Tribünen die Aktionen Stegers.
Nationalspieler Christian Süß, stark gehandicapt durch einen erst am Dienstag zugezogenen Hexenschuss, verpasste den Einzug in das Achtelfinale. „Für mich war die Frage: spiele ich oder spiele ich nicht. Ich habe mich dafür entschieden, weil es die German Open sind, hatte aber keine große Hoffnung, weit vorne zu landen", erklärte der Düsseldorfer, der zunächst den für die Slowakei startenden Thomas Keinath in die Schranken wies, dann jedoch gegen den Japaner Kenta Matsudaira auf verlorenem Posten stand. „Das war das Maximum, was ich hier erreichen konnte. Wenn ich den vierten Satz gewinne, wäre vielleicht noch was gegangen“, so Süß.
Mit Ruwen Filus, Zoltan Fejer-Konnerth (beide Grenzau) sowie Philipp Floritz (Plüderhausen) hatten sich in der ersten Runde drei weitere DTTB-Starter trotz ordentlicher Auftritte verabschieden müssen.
Shan Xiaona stürmt ins Achtelfinale
Shan Xiaona (Weltranglistenposition: 125) war einfach nur happy: Mit Siegen über die Schwedin Matilda Ekholm (50) und über die Vize-Europameisterin Xian Yifang (Frankreich, 46) hatte die gebürtige Chinesin zwei deutlich vor ihr in der Weltrangliste stehende Spielerinnen bezwungen und das Achtelfinale bei den German Open erreicht. Zu ihrer zweiten Partie, dem klaren 4:0 gegen Xian, meinte die 29-jährige Penholderspielerin: "Ich habe gemerkt, dass sie nervös war. Das hat mich noch mehr motiviert. Ich habe mich auf die Partie gut vorbereitet, das Spiel gegen Abwehr liegt mir. Ich bin überglücklich. Hier international mitzuspielen ist ein Traum.“ Shan Xiaona lebt seit 2005 in Deutschland, besitzt seit September dieses Jahres einen deutschen Pass, wohnt in Düsseldorf – und trainiert unter anderem gemeinsam mit den deutschen Nationalspielerinnen.
Am Samstag hält Shan Xiaona als einzige die deutschen Farben hoch, die an Position zwei gesetzte Wu Jiaduo (Kroppach) schied ebenso aus wie Zhenqi Barthel (Bingen), Kristin Silbereisen (Kroppach), Sabine Winter (Kolbermoor), Petrissa Solja (Linz) und Nadine Bollmeier (Saarlouis-Fraulautern).
Der Deutschen Meisterin Wu Jiaduo steckt der momentane Bundeswehr-Lehrgang mächtig in den Knochen. „Mir hat einfach auch die Kraft gefehlt, und meine Gegnerin hat fast jeden Ball wieder zurückgebracht“, befand die 35-Jährige nach der überraschenden Zweitrundenniederlage gegen Lee Ho Ching (Hongkong).
Es war eine schöne Geste, als sich die beiden Protagonistinnen nach einem tollen Match umarmten. Sabine Winter und die Tschechin Iveta Vacenovska hatten sich einen regelrechten Fight über sieben Sätze geliefert – letztlich mit dem glücklicheren Ausgang für Vacenovska. Der Matchball war ein „tödlicher“ Netzroller der Tschechin – unerreichbar für die 20-jährige Winter, die die zweite Runde knapp verpasste.
Winter/Solja sorgen für einen Coup
Drei deutsche Doppel haben bei den German Open das Viertelfinale erreicht. Die EM-Dritten und Deutschen Meister Wu Jiaduo/Kristin Silbereisen vom Bundesligisten FSV Kroppach setzten sich im Achtelfinale souverän und ohne Satzverlust gegen die Taiwanesen Cheng Hsien-Tzu/Lin Chia-Hui durch.
Für einen Überraschungscoup sorgten Sabine Winter (Weltranglistenposition: 96) und Petrissa Solja (88) ab, die die hoch gehandelten und vom Papier klar favorisierten Koreanerinnen Dang Yeseo (20) und Seok Hajung (26) mit 3:0 regelrecht vom Tisch fegten. "Wir haben versucht, die Bälle gut zu platzieren und selbstbewusst und aktiv zu spielen", sagte Sabine Winter. Das Vorhaben gelang den beiden Nachwuchshoffnungen des DTTB eindrucksvoll. Winter (20 Jahre)/Solja (18) hatten schon in Jugendzeiten miteinander Doppel gespielt und harmonierten gerade gegen die Koreanerinnen prächtig.
Spannend machten es Patrick Franziska und Ricardo Walther in ihrem Achtelfinale gegen die Schweden Akerström/Översjö. 3:2 hieß es am Ende für das deutsche Duo, das nach den fünf Sätzen tief durchatmete. „Wir waren schon etwas nervös“, räumte das Duo unisono ein, aber wohl weniger aus Respekt vor den nur unwesentlich älteren Schweden. „Wir haben schon längere Zeit nicht mehr Doppel gespielt, miteinander auch seit Januar nicht mehr“, berichteten die beiden 20-Jährigen vom TTC RS Fulda-Maberzell beziehungsweise von Borussia Düsseldorf.
Solja und Franziska im Viertelfinale des U-21-Wettbewerbs
Mit Petrissa Solja (Linz) und Patrick Franziska (Fulda) schafften am Freitag zwei deutsche Spieler den Einzug in das Viertelfinale des U-21-Wettbewerbs. Die deutschen Nachwuchsasse nehmen somit die ersten Medaillen ins Visier. Am Samstag kämpft der 20-jährige Franziska vom Bundesligisten Fulda-Maberzell gegen den Tschechen Sirucek um einen Platz im Halbfinale. Die 18-jährige Petrissa Solja vom österreichischen Erstligisten Linz AG Froschberg bestreitet ihr Viertelfinalmatch gegen Doo Hoi Kem aus Hongkong.
Die Spiele der Deutschen am Samstag
Damen-Doppel, Viertelfinale, 10 Uhr
Petrissa Solja/Sabine Winter - Guan Meng Yuan/Ng Wing Nam HKG
Kristin Silbereisen/Wu Jiaduo - Doo Hoi Kem/Li Ching Wan HKG
Halbfinale um 14:30 Uhr
Finale am Sonntag um 14:30 Uhr
Herren-Doppel, Viertelfinale, 10:45 Uhr
Patrick Franziska/Ricardo Walther - Ovidiu Ionescu/Hunor Szocs ROU
Halbfinale um 15:15 Uhr
Finale am Sonntag um 16:45 Uhr
Damen-Einzel, Achtelfinale, 12:15 Uhr
Shan Xiaona - Choi Moonyoung KOR
Viertelfinale um 18:15 Uhr
Halbfinale und Finale am Sonntag
Herren-Einzel, Achtelfinale
Timo Boll - Chen Chien-An TPE, 13 Uhr
Bastian Steger - Kim Min Seok KOR, 13 Uhr
Dimitrij Ovtcharov - Alexey Smirnov BEL, 13:45 Uhr
Viertelfinale um 19 bzw. 19:45 Uhr
Halbfinale und Finale am Sonntag
U21, Herren, Viertelfinale, 12 Uhr
Patrick Franziska - Pavel Sirucek CZE
Halbfinale um 14:30 Uhr
Finale um 19:45 Uhr
U21, Damen, Viertelfinale, 13:30 Uhr
Petrissa Solja - Doo Hoi Kem HKG
Halbfinale um 15:15 Uhr
Finale um 19:45 Uhr