Düsseldorf/Busan. Es war ein dreister Diebstahl am Montagnachmittag im ICE von Düsseldorf nach Frankfurt am Main. Dimitrij Ovtcharov hatte seine Koffer und sein Handgepäck untergebracht und half Coach Lars Hielscher mit dem übrigen Gepäck. Am Frankfurter Flughafen angekommen, stellte der ehemalige World-Cup-Sieger und Weltranglistenerste verdutzt fest, dass sein Handgepäck im Gepäckfach über seinem Sitz fehlte. „Es muss mir entweder irgendwo während der Fahrt oder noch in Düsseldorf am Bahnhof, als ich Lars geholfen habe, geklaut worden sein“, vermutet Ovtcharov.
Im Handgepäck befinden sich standardmäßig die wertvollen Arbeitsgeräte von Tischtennisspielern. Niemals würden die Profis auf einer Reise Schläger, Ersatzhölzer und Beläge am Flughafen im großen Koffer als Gepäck aufgeben. Viel zu hoch wäre das Risiko, dass die Koffer der sportlichen Vielflieger am falschen Ort landen oder gar komplett verloren gehen. „In der Bahn habe ich mich bislang immer völlig sicher gefühlt“, sagt Dimitrij Ovtcharov. „Aber gerade beim Ein- und Aussteigen wird es schnell unübersichtlich.“
Neben Schläger, vier Hölzern und mehreren Dutzend Belägen des immer akribisch vorbereiteten Olympia-Rekordmedaillengewinners befanden sich Laptop, Portemonnaie und Reisepass im Handgepäck. Nachdem er in Frankfurt den Diebstahl bemerkt hatte, fuhr er mit dem nächsten Zug zurück nach Düsseldorf, um seine WM-Teilnahme doch noch möglich zu machen. Bezahlen konnte er die Reise per Handy. Das immerhin war ihm geblieben.
„Wir können eigentlich nur Weltmeister werden. Oder Olympiasieger“
Der Flug wurde umgebucht. Einen zweiten Reisepass hat Dima Ovtcharov als Profisportler ohnehin, schließlich liegt einer immer mal für eine Visumserteilung bei einer ausländischen Botschaft, während er anderswo in der Welt unterwegs ist. Viel aufwendiger gestaltete sich die Materialsuche. Sponsor Butterfly in Krefeld unterstützte tatkräftig. Tischtennisprofis wählen ihre Beläge mit Bedacht, wiegen sie unter anderem aufs Gramm genau ab. Mit ihrem Holz sind die Spielerinnen und Spieler quasi verwachsen. Jede Neuerung bedarf in der Regel einer intensiven Test- und Einspielphase. Nicht alles Spielmaterial von der Stange erfüllt die Anforderungen der Filigrantechniker.
„Im ersten Moment hatte ich gedacht, ich bräuchte gar nicht mehr hinzufliegen“, bekennt der 35-jährige Neu-Ulmer-Champions-League-Akteur. Dimitrij Ovtcharov hat seinen Optimismus jedoch nicht verloren. „Da ist so viel Pech zusammengekommen, da können wir eigentlich nur Weltmeister werden. Oder Olympiasieger.“ Er verspricht: „Wir werden auf jeden Fall Gas geben. Ich sehe es inzwischen positiv und hoffe, die neuen Schläger werden funktionieren.“
Beim zweiten Anreiseversuch hat übrigens alles funktioniert. Die aktuelle Nummer 13 der Weltrangliste reiste am Dienstag diesmal in der übersichtlicheren 1. Wagenklasse des ICE an den Frankfurter Flughafen. Von dort ging es mit dem Abendflug über Seoul mit einem Anschlussflug nach Busan, wo er am Mittwochabend ankam.