Krakau. Als die Rumänin Bernadette Szöcs die Arme nach dem verwandelten Matchball in die Luft riss und zu ihrem mittlerweile obligatorischen Sprung auf den Tisch ansetzte, verharrten die Gesichter auf der deutschen Bank wie versteinert. Die Titelverteidigerinnen hatten soeben nach einem dreieinhalbstündigen Krimi das Finale der Europaspiele mit 2:3 verloren, in das die Mannschaft von Tamara Boros als Favorit gegangen war. Umso mehr, nachdem European-Games-Bronzemedaillengewinnerin Elisabeta Samara heute wegen einer Schulterverletzung auf rumänischer Seite hatte passen müssen.
Rumänien drehte in Krakau den Spieß um
Wie sehr die Bürde des Favoriten belasten kann, das wissen die Rumäninnen aus eigener Erfahrung. Vor zwei Jahren, bei den Europameisterschaften in Cluj-Napoca, unterlag der Dauerrivale vor heimischen Publikum im Endspiel nicht minder unerwartet einer DTTB-Auswahl, die damals ohne das Olympia-Trio Ying Han, Petrissa Solja und Xiaona Shan angereist war.
Damen-Bundestrainerin Tamara Boros suchte nach der Niederlage nur kurz den Vergleich zu Cluj, lobte hingegen allem voran die Leistung der Gegnerinnen: „In den ersten beiden Spielen war es vielleicht etwas ähnlich wie in Cluj. Aber viel entscheidender heute war: Wir haben in den ersten beiden Duellen unsere guten Chancen nicht genutzt. Im Doppel hatten wir 7:4 im letzten Satz, aber unsere Gegner haben um jeden Punkt gekämpft. Wir haben alles gegeben, aber das hat heute nicht gereicht. Rumänien hat aber ein tolles Turnier gespielt und eine sehr starke Leistung im Finale gezeigt, das müssen wir anerkennen.“
Rückstand mit großem Kampfgeist gedreht
Europas nominell beste Mannschaft, die im Viertelfinale gegen Schweden (3:1) und im Halbfinale gegen Portugal (3:0) unangreifbar war, stand im Finale nach knapp zwei Stunden bereits mit dem Rücken zur Wand. Nach dem verlorenen Auftaktdoppel und der überraschenden Niederlage von Ying Han kämpfte sich Rumänien im dritten Einzel zwei Matchbälle zu einem 3:0-Erfolg, die Xiaona Shan jedoch in Weltklassemanier abzuwehren wusste.
Der gewonnene 3:2-Krimi, bei dem die EM-Dritte aus Berlin gegen die für die angeschlagene Elisabeta Samara (Schulterprobleme) in die rumänische Mannschaft gerückte Andreea Dragoman allerdings zuvor auch bereits vier eigene Matchbälle ausgelassen hatte, war der Auftakt zu einer bemerkenswerten Aufholjagd, bei dem die deutsche Mannschaft mit großem Kampfgeist den Rückstand drehte. Hatten zuvor das Doppel Mittelham/Shan gegen Dragomann/Adina Diaconu und Ying Han gegen Einzel-Goldmedaillengewinnerin Bernadette Szöcs bei ihren Fünfsatzniederlagen Paradebeispiele für nicht standgehaltenem Favoritendruck und verpasste Siegchancen geboten, legte die DTTB-Auswahl anschließend mit den Siegen Shans und dem folgenden 3:0 von Ying Han gegen Diaconu noch einmal alles in die Waagschale, um den dritten Titel in Folge zu gewinnen. Die Hoffnungen nach dem Zwischenstand von 2:2 hatten allerdings nicht lange Bestand. Nina Mittelham verlor nach zwei mit 9:11 umkämpften Durchgängen die Neuauflage des verlorenen Viertelfinalspiels gegen Bernadette Szöcs mit 0:3, der Sprung auf den Tisch folgte.
Xiaona Shan: „Ich hatte Rumänien nicht so stark erwartet“
Europas Nummer eins Ying Han nannte nach dem Spiel einen Grund für ihre erste Niederlage überhaupt gegen Bernadette Szöcs: „Ich habe in letzter Zeit viel gegen sie gespielt. Sie hat heute immer geführt und mit viel Selbstvertrauen aus ihrem Sieg beim Einzelturnier an den Sieg geglaubt. Ich musste vorne bleiben und aggressiv spielen, am Ende hat etwas die Kraft gefehlt. Sie hat gut gespielt. Ich selbst hingegen hatte hier in Krakau die ganze Woche irgendwie nicht so ein gutes Gefühl." Xiaona Shan ergänzte: "Rumänien hat heute unglaublich gut gespielt, das habe ich nicht erwartet. Das Doppel war sehr schade. Bei einem Sieg wäre es vielleicht anders ausgegangen. Ich hatte bei einem o:2-Rückstand schon Druck im Einzel, aber den hat man immer. Ich wollte einfach nur gewinnen, um das Spiel insgesamt vielleicht noch zu drehen."
„Bei den Europameisterschaften wollen wir das Ticket für Paris lösen“
Bundestrainerin Tamara Boros richtete den Blick unmittelbar nach der Finalniederlage bereits wieder auf das nächste wichtige Großereignis: „Wir brauchen nun einige Tage Erholung, werden dann das Spiel und das Turnier mit der gebotenen Gründlichkeit analysieren. Danach werden wir mit den Vorbereitungen auf die Europameisterschaften im September beginnen, wo wir das Ergebnis dann wieder herumdrehen wollen. Dort müssen wir besser spielen, denn im Gegensatz zu Krakau geht es in Malmö um das Ticket für die Olympischen Spiele."
Herren seit 18.15 Uhr im Finale gegen Schweden / Bronze für Portugal und Frankreich
Derzeit spielen Deutschlands Herren gegen Schweden um die Goldmedaille. Die Bronzemedaille bei den Damen ging an Portugal, das Frankreich im kleinen Finale mit 3:0 besiegte. Auch das Bronze-Match der Herren ist bereits entschieden. Hier setzte sich Frankreich mit 3:2 gegen Portugal durch, das gestern mit im Halbfinale mit 1:3 an Deutschland gescheitert war.
Die Spiele am Samstag
Damen-Mannschaft, Finale
Deutschland - Rumänien 2:3
Mittelham/Shan - Diaconu/Dragoman 2:3 (9,-17,-7,8,-5)
Ying Han - Bernadette Szoczs 2:3 (5,10,-8,-9,-8)
Xiaona Shan - Andrea Dragoman 3:2 (-9,6,6,-8,13)
Ying Han - Adina Diaconu 3:0 (6,5,9)
Nina Mittelham - Bernadett Szoczs 0:3 (-9,-9,-4)
Herren-Mannschaft, Finale
Deutschland - Schweden seit 18.15 Uhr im Gange
Herren-Mannschaft, Spiel um Platz 3
Portugal - Frankreich 2:3
Damen-Mannschaft, Spiel um Platz 3
Portugal - Frankreich 3:0
Mannschaft ABC - Mannschaft XYZ
1. Partie: Doppel, Spieler C+A oder C+B - Spieler Z+X oder Z+Y
2. Partie: Einzel, Spieler A - Spieler X
3. Partie: Einzel, Spieler B - Spieler Y
4. Partie: Einzel, Spieler A oder B (Spieler, der kein Doppel gespielt hat) - Spieler Z
5. Partie: Einzel, Spieler C - Spieler X oder Y (Spieler, der kein Doppel gespielt hat)