Cluj-Napoca. Mit zweimal Gold im Gepäck landeten heute bereits um kurz nach acht Uhr die deutschen Athleten und das Betreuer-Team auf dem Frankfurter Flughafen. Die DTTB-Damen hatten sich gestern Nachmittag in Rumänien mit einem 3:1 über den favorisierten Gastgeber Rumänien den wohl unerwartetsten aller bislang acht Titelgewinne in der EM-Geschichte gesichert, die Herren sicherten sich mit dem gleichen Ergebnis gegen Russland zum neunten Mal Gold.
Das Bemerkenswerte: Beide Titelgewinne erzielten Athleten, die angesichts der großen Breite an Weltklassespielern in Deutschland in der Vergangenheit zumeist im Schatten der diesmal pausierenden Leistungsträger Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Han Ying und Shan Xiaona sowie der kurzfristig erkrankten Petrissa Solja standen.
Im Interview bilanziert Sportdirektor Richard Prause die EM für den Deutschen Tischtennis-Bund.
Am Ende einer ungemein interessanten EM steht der DTTB mit zwei Goldmedaillen da - trotz des Verzichts auf die routinierten Leistungsträger Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Han Ying und Shan Xiaona sowie der Erkrankung von Petrissa Solja. Wie stolz ist man da als Sportdirektor?
Richard Prause: Wir wollten die EM nutzen, um uns insgesamt auf eine breitere Ebene zu stellen und uns noch mehr für die Zukunft zu rüsten. Das war mit unserer Nominierung das Ziel für diese Europameisterschaften. Das haben die Mädels und die Jungs hervorragend umgesetzt. Der finale Sonntag mit zwei Titeln war ein großer Tag für uns, das darf man sicherlich ohne Übertreibung sagen. Auch alle Spielerinnen und Spieler, die diesmal nicht dabei waren, haben permanent mitgefiebert und Nachrichten geschickt. Wir haben da einen tollen Teamgeist, und auch das freut mich sehr.
Den Titel der Damen hatte war wohl kaum jemand auf der Rechnung?
Prause: Die Art und Weise, wie die Damen gespielt haben, gegen, aus meiner Sicht favorisierte Rumäninnen, die zuletzt zweimal als Mannschaft gewonnen hatten, das war wirklich beeindruckend und ist eine herausragende Mannschaftsleistung!
Welche Gründe waren entscheidend für diesen Triumph?
Prause: Nina Mittelham war bei dieser EM eine echte Führungsspielerin und hat das auch mit ihren zwei Punkten im Finale unter Beweis gestellt. Sabine Winter, die sich stark verbessert hat, habe ich selten so gut spielen gesehen wie gegen Samara. Chantal Mantz hat im Turnier ihre Aufgabe souverän erfüllt und im Finale mit Dodean einer sehr guten Spielerin das Leben schwer gemacht. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass mit Annett Kaufmann die 15-jährige Schülerinnen-Europameisterin nicht nur dabei war, sondern sie hat auch gespielt und ihren Punkt gemacht. Sie ist voll integriert gewesen. Alle Vier haben zusammen mit den Trainern Tamara Boros und Wan Guohui bei dieser EM super geliefert. Spielerisch und in der Gesamtstruktur war es eine beeindruckende Vorstellung. Es herrschte außerdem ein hervorragender Teamgeist in der Mannschaft, der sicherlich zum Titelgewinn beigetragen hat.
Die Herren waren allerdings von Anfang an als Mitfavorit im Rennen…
Prause: Bei den Herren haben wir vor dem Turnier natürlich gewusst, dass es im Optimalfall Gold werden kann. Dass die Spieler, die zuvor in dieser Position im Nationalteam noch nie so viel Verantwortung zu tragen hatten, ihre beste Leistung auch unter diesem Druck abgerufen haben, verdient ein ganz großes Ausrufezeichen! Es war sehr wichtig, dass wir auch in den schwierigen Situationen immer probiert haben, weiterzuspielen, das Niveau immer noch weiter zu steigern. Am Ende haben wir das Finale auch genau deshalb verdient gewonnen.
Was hat den Ausschlag zum Titelgewinn gegeben?
Prause: Erst einmal Hut ab vor dieser jungen russischen Mannschaft, die Österreich und Schweden geschlagen und auch uns hart gefordert hat. Aber Patrick Franziska ist in diesem Finale vorne weggegangen, hat als unser Führungsspieler seine beiden Einzel gewonnen und war im ganzen Turnier stabil. Benedikt Duda und Dang Qiu haben ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau insgesamt gespielt und auch die schwierigen Situationen gut gemeistert. Benedikt Duda hat zwar im Finale sein Spiel nicht nach Hause gebracht, obwohl er ein 2:0, 7:5 und 10:10 im Entscheidungssatz hatte, aber dafür hat er bei dieser EM mehrfach die gegnerischen Topspieler gebreakt und einen starken Sieg im Halbfinale gegen Dänemarks Weltklassespieler Jonathan Groth erzielt. Unter dem Strich bleibt, dass wir eine sehr starke Mannschaft am Start hatten, die verdient Europameister geworden ist. Hervorheben möchte ich auch Ruwen Filus, der sicher hier in den Dienst der Mannschaft gestellt hat und immer für seinen Einsatz bereit ist, genauso wie Kay Stumper, der als Jugend-Europameister das erste Mal bei den Erwachsenen EM-Luft schnuppern durfte. Zusammen mit dem Trainerteam Jörg Roßkopf und Lars Hielscher hat das alles glänzend zusammengepasst.
Ist Deutschland in Europa derzeit nicht zu schlagen?
Prause: Solch ein Erfolg ist nie ein Selbstläufer, egal mit welcher Mannschaft man antritt. Er war in dieser doppelten Konstellation so auch nicht zu erwarten gewesen, auch wenn wir um das große Potential für solche Erfolge wissen. Dass die Spielerinnen und Spieler in dieser Art und Weise geliefert haben, ist ein großer Erfolg, den sich die Mannschaften, die Trainer und das Team um das Team herum hart erarbeitet haben. Die Erfolge von Cluj zeigen, dass wir mit vielen Dingen auf dem richtigen Weg sind. Wir haben aber, das darf man trotz der beiden Titel nicht vergessen, auch immer noch an vielen Hausaufgaben zu arbeiten, um uns weiter zu verbessern. Wie wichtig es ist, sich stetig fortzuentwickeln, haben auch die Leistungen anderer Teams, bei den Herren die Russen und bei den Damen die Französinnen, gezeigt. Unsere beiden Goldmedaillen basieren auf herausragenden Leistungen von Spielern, die bisher seltener Gelegenheit hatten, sich in solch wichtigen Situationen beziehungsweise auf diesen Positionen in der Nationalmannschaft zu beweisen. Das war das Ziel - und das macht Mut für die Zukunft!
ERGEBNISSE
Dienstag, 28. September
1. Gruppenspiel Damen und Herren
Damen, Gruppe A: Spanien – Slowakei 1:3
Maria Xiao - Tatiana Kukulkova 3:0 (11,8,4)
Galia Dvorak - Barbora Balazova 0:3 (-5,-7,-2)
Sofia-Xuan Zhang - Ema Labosova 0:3 (-7,-11,-8)
Maria Xiao - Barbora Balazova 1:3 (-10,4,-6,-5)
Herren, Gruppe A: Belarus – Ukraine 2:3
Pavel Platonov - Yevhen Pryshchepa 3:1 (7,9,-8,6)
Aleksandr Khanin - Yaroslav Zhmudenko 0:3 (-7,-4,-9)
Gleb Shamruk - Anton Limonov 3:2 (-7,10,-2,5,9)
Aleksandr Khanin - Yevhen Pryshchepa 2:3 (8,-7,6,-4,-3)
Pavel Platonov - Yaroslav Zhmudenko 2:3 (-4,5,-9,13,-8)
Mittwoch, 29. September
2. Gruppenspiel Damen und Herren
Damen: Deutschland – Slowakei 3:0
Nina Mittelham - Tatiana Kukulkova 3:1 (7,-9,9,4)
Sabine Winter - Barbora Balazova 3:0 (3,8,3)
Annett Kaufmann - Ema Labosova 3:0 (8,11,3)
Herren: Deutschland – Ukraine 3:0
Patrick Franziska – Yaroslav Zhmudenko 3:0 (8,7,9)
Benedikt Duda – Yevhen Pryshchepa 3:0 (5,9,7)
Dang Qiu – Anton Limonov 3:0 (3,2,3)
Donnerstag, 30. September
3. Gruppenspiel Damen und Herren
Deutschland - Spanien 3:1
Nina Mittelham - Maria Xiao 2:3 (-11,6,2,-11,-8)
Sabine Winter - Sofia-Xuan Zhang 3:1 (-10,4,13,8)
Chantal Mantz - Galia Dvorak 3:0 (5,6,8)
Mittelham - Zhang 3:2 (-11,-9,9,4,6)
Deutschland - Belarus 3:0
Dang Qiu - Pavel Platonov 3:1 (9,-8,2,7)
Patrick Franziska - Vladislav Rukletsov (7,7,6)
Ruwen Filus - Gleb Shamruk 3:0 (2,6,8)
Freitag, 1. Oktober
Damen-Viertelfinale
Deutschland - Polen 3:0
Sabine Winter - Katarzyna Wegrzyn 3:1 (9,-7,7,8)
Nina Mittelham - Natalia Bajor 3:1 (10,-8,8,8)
Chantal Mantz - Anna Wegrzyn 3:0 (0,7,11)
Portugal - Ukraine 3:1
Österreich - Frankreich 0:3
Rumänien - Luxemburg 3:0
Herren-Viertelfinale
Deutschland - Tschechien 3:1
Benedikt Duda - Tomas Polansky 3:1 (-9,5,8,5)
Patrick Franziska - Lubomir Jancarik 2:3 (-8,-8,1,9,-8)
Dang Qiu - Jiri Martinko 3:1 (3,10,-10,7)
Franziska - Polansky 3:1 (6,-8,10,2)
Dänemark - England 3:2
Österreich - Russland 2:3
Schweden - Rumänien 3:1
Samstag, 2. Oktober
Damen-Halbfinale
Deutschland - Portugal 3:1
Sabine Winter - Yu Fu 1:3 (-4,-7,8,-5)
Nina Mittelham - Shao Jieni 3:1 (7,9,-10,7)
Chantal Mantz - Ines Matos 3:0 (7,5,14)
Mittelham - Yu 3:1 (-9,8,11,6)
Rumänien - Frankreich 3:0
Herren-Halbfinale
Deutschland - Dänemark 3:0
Benedikt Duda - Jonathan Groth 3:0 (8,4,9)
Patrick Franziska - Anders Lind 3:0 (7,11,5)
Dang Qiu - Tobias Rasmussen 3:1 (2,5,-6,10)
Schweden - Russland 0:3
Sonntag, 3. Oktober
Damen-Finale
Deutschland - Rumänien 3:1
Nina Mittelham - Bernadette Szocs 3:2 (-8,7,-9,9,10)
Sabine Winter - Elizabeta Samara 3:0 (6,9,10)
Chantal Mantz - Daniela Dodean Monteiro 2:3 (-7,7,8,-5,-7)
Mittelham - Samara 3:2 (-10,8,-9,9,7)
Herren-Finale
Deutschland - Russland 3:1
Benedikt Duda - Maksim Grebnev 2:3 (3,4,-7,-8,-10)
Patrick Franziska - Lev Katsman 3:2 (-7,4,-11,6,6)
Dang Qiu - Vladimir Sidorenko 3:1 (-9,6,10,8)
Franziska - Grebnev 3:2 (11,5,-9,-3,13)
Herren
Damen
Sportliche Leitung / Trainer-Team
Medizinische Abteilung
Organisatorische Leitung
Kolja Rottmann
Schiedsrichter
Gert Selig (Waldalgesheim)
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