Frankfurt/Main. Nach intensiven Wochen bei Olympia haben sich Deutschlands Tischtennis-Wohngemeinschaften in Tokio aufgelöst. „Es waren nur drei Wochen, aber uns kam es vor, als hätten wir ein halbes Jahr zusammengelebt. Wir wissen gar nicht mehr, wie es ohne einander ist“, flachste Patrick Franziska bei der Ankunft am Frankfurter Flughafen. Spieler und Trainer freuen sich nun auf den mal kurzen, mal längeren Urlaub, haben aber – typisch Tischtennis – die nächsten Termine schon im Kopf.
Die Olympia-Helden sind wieder zu Hause. Flug LH 717 landete planmäßig am Samstagabend in Frankfurt am Main, und Familien, Freunde, Fans, Deutscher Tischtennis-Bund und Deutscher Olympischer Sportbund bereiteten ihnen einen herzlichen Empfang. Es waren nicht nur die Tischtennis-Herren, die am vorletzten Tag der Sommerspiele Tokio verlassen hatten. Mit ihnen waren unter anderem Leichtathleten wie der verletzte Zehnkämpfer Niklas Kaul, Hochspringerin Imke Onnen oder Geher Nils Brembach an Bord. Am höchsten dekoriert auf dem elfstündigen Flug von Tokio-Haneda, mit Gold, waren die Bahnradfahrerinnen um Franziska Brauße und Lisa Klein.
Herzlicher Empfang am Flughafen
Umarmungen, Gratulationen, Fotos, Videos, Interviews, Autogrammwünsche – ganz so schnell nach Hause kamen die erschöpften Olympioniken nicht. Vom Ankunftsschalter A1 ging es über die vom DOSB am Frankfurter Flughafen angemietete Medien-Loge für erste Interviews in die so genannte „Welcome Lounge“ eine Etage tiefer, wo neben Eurosport für weitere Interviews auch Freunde und Verwandte von Patrick Franziska, Jörg Roßkopf und Richard Prause sowie der Olympioniken der anderen Sportarten warteten.
Timo Boll wurde von seiner Familie inkl. Hund herzlich begrüßt. Dimitrij Ovtcharov musste seinen Anschlussflug ins schwedische Stockholm erreichen, wo ihn Ehefrau Jenny und Tochter Emma in Empfang nahmen. Was er nach seiner Ankunft dort mache? „Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Wir sprechen morgen darüber“, antwortete Ovtcharov. Minutiös hatte sich der zweifache Medaillengewinner von Tokio über Monate auf diese Sommerspiele vorbereitet. Da darf der Urlaub spontan sein, wo auch immer, Hauptsache mit der Familie.
Fünf Tage Pause für Boll
Besonders lang fällt ein Urlaub im Tischtennis-Profigeschäft nie aus. „Mir bleibt nicht viel Zeit zum Ausruhen“, sagte Timo Boll. „In zehn Tagen spielen wir schon wieder in der Bundesliga.“ Fünf Tage werde er intensiv mit seiner Familie genießen. Dann steigt er wieder ins Training ein. „Meine Familie muss dauernd auf mich verzichten. Ich habe ja meine Routinen beim Turnier und meinen Fokus. Meine Familie wartet währenddessen zu Hause auf mich. Ich bin froh, dass sie das über diese lange Zeit mitmacht.“
Auch der Bundestrainer ist froh, wieder nach Hause zu kommen. „Vor allem ist da erst einmal viel Müdigkeit. Die Tage von Tokio waren lang, und wir konnten nicht viel sehen: nur Apartment, Essen, Halle. Das war’s", so Jörg Roßkopf über den Alltag im Olympischen Dorf unter Pandemie-Bedingungen. Nach einer Woche im heimischen Groß-Umstadt mit Frau Sabine, den Töchtern Leonie und Jule sowie Sohn Linus geht es zum gemeinsamen Urlaub zunächst an die Ostsee.
Franziska beseelt vom großen „Support von zu Hause“
Patrick Franziska war immer noch beseelt vom großen Zuspruch aus Deutschland. „Unser Mixed-Viertelfinale war ja um vier Uhr morgens in Deutschland, und mir haben nach unserer Niederlage so viele Leute geschrieben - damit habe ich nicht gerechnet. Der Support von zu Hause war so groß, auch bei den Mannschaftswettbewerben“, sagte er. „Es freut uns, dass wir so viele Leute mitreißen und vielleicht ein paar neue Fans für unseren Sport begeistern konnten.“
Ab Sonntag stehen auch bei Deutschlands Nummer drei freie Tage auf dem Programm. Es geht zu Freundin Frida und deren Familie nach Schweden. Auch wenn er die Müdigkeit am Samstagabend spürte: „Ich hätte ja gestern noch länger feiern können, aber es gab da ein paar ältere Herren im Apartment, die früher schlafen wollten“, erzählte er augenzwinkernd über die Vierer-Spieler-WG mit Boll, Ovtcharov und Benedikt Duda.
Volles Programm für Duda, Staffelübergabe der deutschen Schiedsrichter
Apropos Duda, dem Team-Ergänzungsspieler, der nicht im Centercourt zum Einsatz kam, aber sonst alles für seine Mannschaft tat, steht in den kommenden drei Wochen das volle Programm bevor: vor den Deutschen Meisterschaften in Bremen am 28. und 29. August spielt er den WTT Contender in Ungarns Hauptstadt Budapest sowie beim TTBL-Auftakt.
Deutschlands einzige Olympia-Schiedsrichterin, Anja Gersdorf aus Düsseldorf, hat ein ganz besonderer Gast am Flughafen begrüßt. Ihr Schiedsrichterkollege Gert Selig (Waldalgesheim), der in zwei Wochen eine ähnliche Tour wie sie absolvieren wird: zu den Paralympics in Tokio.
Ergebnisse und Setzlisten
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Herren-Team: Dimitrij Ovtcharov (Fakel Gazprom Orenburg, Russland), Timo Boll (Borussia Düsseldorf), Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT), Ergänzungsspieler: Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt)
Damen-Team: Petrissa Solja (TSV Langstadt), Han Ying (KTS Enea Siarka Tarnobrzeg, Polen), Shan Xiaona (ttc berlin eastside), Ergänzungsspielerin: Nina Mittelham (ttc berlin eastside)
Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll
Damen-Einzel: Petrissa Solja, Han Ying
Gemischtes Doppel: Patrick Franziska/Petrissa Solja
Teilmannschaftsleiter: Richard Prause (Sportdirektor)
Trainer-Team: Jörg Roßkopf (Bundestrainer Herren), Jie Schöpp (Bundestrainerin Damen), Lars Hielscher (Assistenztrainer)
Physiotherapeut: Peter Heckert (OSP Hessen)
Arzt: Dr. Antonius Kass (Düsseldorf)
Schiedsrichterin: Anja Gersdorf (Düsseldorf)
Öffentlichkeitsarbeit: Benedikt Probst (Frankfurt/Main)